MIT GELASSENHEIT ZUM EIGENHEIM
Hat man das passende Objekt gefunden und ist der Traum vom Eigenheim greifbar nah, wird häufig eine Reservationsvereinbarung und bald darauf ein standardisierter Kaufvertrag abgeschlossen. Die Interessen von Käufern und Verkäufern werden allerdings mit bedingten Kaufverträgen, Kaufsrechten und Verkaufsrechten oft besser wahrgenommen.
Häufig ist es ratsam, den Erwerb des Traumobjekts nicht sofort mit dem Abschluss eines Kaufvertrags sicherzustellen. Besonders bei komplexen Verhältnissen verbleibt dann nicht ausreichend Zeit für die notwendigen Abklärungen. Allerdings können auch Reservationsvereinbarungen dazu führen, dass sich Käufer in falscher Sicherheit wiegen. Durch eine Reservationsvereinbarung, rechtlich Vorvertrag genannt, reserviert ein Grundeigentümer einem Interessenten diskret und steuerlich folgenlos einen befristeten Anspruch auf den Kauf des Grundstücks. Die Parteien verpflichten sich darin zum künftigen Abschluss des Kaufvertrags, wofür der Kaufinteressent in der Regel eine Reservationszahlung leistet. Ein solcher Vorvertrag zu einem Grundstückskauf ist jedoch nur dann gültig und rechtlich bindend, wenn er von einem Notar öffentlich beurkundet wird (Art. 22 Abs. 2 OR und Art. 216 Abs. 2 OR). Trotzdem wird in der Praxis aufgrund der dafür anfallenden Notariatsgebühr häufig auf die öffentliche Beurkundung verzichtet.
Die Krux mit den Reservationsverträgen
Bloss schriftlich abgeschlossene Vorverträge sind nichtig beziehungsweise rechtsunwirksam im Sinne von Art. 16 OR und somit für beide Parteien unverbindlich. Der Verkäufer kann das Grundstück deshalb ohne Weiteres gleichzeitig an einen Dritten verkaufen. Ein Vorvertrag, der nicht öffentlich beurkundet ist, bietet dem Kaufinteressenten deshalb entgegen weitverbreitetem Glauben keinerlei Sicherheit dafür, dass er Eigentümer des im Vertrag versprochenen Grundstücks wird. Ist der Vorvertrag nichtig, kann im Gegenzug auch der Kaufinteressent die Reservationszahlung verweigern, soweit er diese noch nicht entrichtet hat. Weiter kann auch die bereits geleistete Anzahlung zurückverlangt werden, wenn der Kaufvertrag nicht zustande kommt. Es sei denn, es wurde in der Reservationsvereinbarung für diesen Fall eine Konventionalstrafe oder Ähnliches vereinbart. Auf die Formulierung der Kostentragung bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags ist deshalb ein besonderes Augenmerk zu legen. Empfehlenswert ist es jedenfalls, im Vorvertrag zu regeln, was mit der Anzahlung bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags passiert.
Bedingte Kaufverträge schaffen Zeit
Aber auch ein öffentlich beurkundeter Vorvertrag bietet keine absolute Sicherheit. Weigert sich der Verkäufer später, den Hauptvertrag abzuschliessen, muss die Eigentumsübertragung vor Gericht erstritten werden. Geeigneter ist deshalb der bedingte Kaufvertrag, der zusätzlich ausreichend Zeit für notwendige Abklärungen lässt. Es ist ratsam, das ins Auge gefasste Grundstück vor dem Kauf gründlich zu durchleuchten. Steht darauf beispielsweise ein älteres Gebäude und ist ein Ersatzneubau geplant, empfiehlt es sich, die Gebäudesubstanz auf gesundheitsgefährdende Stoffe und das Erdreich auf Abfall- oder Schadstoffe – sogenannte Altlasten – von Experten untersuchen zu lassen. Oder kann das betreffende Grundstück gemäss öffentlich-rechtlichen Vorschriften noch weiter überbaut werden, ist stets zu prüfen, ob nicht eine private Bauordnung mit Nachbarn besteht und Dienstbarkeiten wie Bauverbote, -beschränkungen oder Grenzabstandserweiterungen die gewünschte Verdichtung verhindern.
Die Due Diligence bei Immobilien, die allfällige Bereinigung oder der Abschluss von neuen Dienstbarkeiten wie zum Beispiel Näherbaurechte mit Nachbarn benötigen Zeit. Gerade bei einem Ersatzneubau kann es notwendig sein, Vorabklärungen bei kantonalen Dienststellen zu tätigen, beispielsweise betreffend Waldabstand oder Freihaltung des Gewässerraums, auch bei nicht sichtbaren, eingedolten Gewässern. Sind solche Themen zu klären, bietet sich der Abschluss eines bedingten Kaufvertrags an. Erst wenn die im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen erfüllt sind, wird der Kaufvertrag beim Grundbuchamt eingereicht und der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen (Art. 217 Abs. 1 OR). Treten die festgelegten Bedingungen nicht ein, verliert der Kaufvertrag seine Bindungswirkung. Zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und dem Eintritt der vereinbarten Bedingungen befindet sich der Kaufvertrag in einer Art Schwebezustand. Besonders beim Erwerb eines schlüsselfertigen Einfamilienhauses ist es ratsam, den Kauf mit der Bezugsbereitschaftserklärung durch die Baupolizei zu verknüpfen. Der Abschluss eines mit Bedingungen verknüpften Kaufvertrags bietet sich auch an, um der mit dem Corona-Virus einhergehenden unsicheren Wirtschaftslage angemessen begegnen zu können.
Kaufs- und Verkaufsrechte minimieren das Risiko
Viele Schweizer Kantone verfügen über zu grosse Baulandreserven und müssen diese in den nächsten Jahren aufgrund des revidierten Raumplanungsgesetzes verkleinern (Art. 15 Abs. 2 RPG). Der Schock bei den Eigentümern sitzt tief, wenn ihr Baulandgrundstück, das sie eigentlich verkaufen wollten, in die Landwirtschaftszone, in der nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen gebaut werden darf, zurückgezont werden soll. Unter diesen Umständen scheint ein Verkauf aussichtslos: Die öffentliche Hand macht Druck, Interessenten ziehen sich zurück, der Wert des Grundstücks fällt ins Bodenlose. In solchen Fällen bietet sich der Abschluss eines bedingten Kaufvertrags nicht an, da sich der Vertrag sehr lang in der Schwebe befinden würde. Vielmehr empfiehlt es sich in dieser Konstellation, ein Kaufsrecht zu vereinbaren und dieses allenfalls mit einem Verkaufsrecht zu kombinieren.
Das Kaufsrecht räumt dem Berechtigten das Recht ein, das Grundstück innert einer gewissen Frist durch einseitige Erklärung zu kaufen. Es kann im Grundbuch vorgemerkt werden, sodass das Grundstück nicht mehr ohne Verzicht des Berechtigten an Dritte verkauft werden kann (Art. 216a OR und Art. 959 Abs. 1 ZGB). Das Verkaufsrecht bewirkt, dass der Käufer das Grundstück nach Aufforderung des Verkäufers kaufen muss. Die Kombination von Kaufs- und Verkaufsrecht führt dazu, dass der Verkäufer das Grundstück binnen eines gewissen Zeitraums zu einem bestimmten Preis an den Interessenten verkaufen kann, der Interessent aber im gleichen Zeitraum das Grundstück zu einem bestimmten Preis vom Verkäufer kaufen kann. Sowohl der potenzielle Käufer als auch der Verkäufer können somit den Abschluss des Kaufvertrags herbeiführen. Beide Rechte können zudem insofern bedingt ausgestaltet werden, als dass sie nur ausgeübt werden können, wenn das Grundstück in der Bauzone verbleibt. Durch die Vereinbarung des in der Praxis eher unbekannten Verkaufsrechts kann der Käufer auch nicht zweigleisig fahren und bei der nächstbesseren Gelegenheit abspringen. Die Grundstücksgewinn- und Handänderungssteuer ist übrigens in den meisten Kantonen nur bei tatsächlicher Ausübung, das heisst bei Änderung des Eigentümers im Grundbuch zu bezahlen.
Rücktrittsrecht im Kaufvertrag ist riskant
Nicht empfehlenswert ist der Abschluss eines Kaufvertrags mit einer in der Praxis immer wieder anzutreffenden Regelung, die dem Käufer nach Eigentumsübergang ein vertragliches Rücktrittsrecht zugesteht. Der Verkäufer garantiert in solchen Verträgen beispielsweise die Überbaubarkeit des Grundstücks. Sollte sich später herausstellen, dass das Grundstück nicht überbaut werden kann, ist der Käufer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Das vertraglich vorgesehene Rücktrittsrecht wirkt allerdings nicht dinglich. Das heisst, der Verkäufer wird nicht automatisch wieder Eigentümer, wenn der Käufer den Rücktritt erklärt. Vielmehr muss der Eigentumsübergang rückabgewickelt werden, indem ein neuer Kaufvertrag abgeschlossen wird. Dadurch wird in vielen Kantonen allerdings erneut eine Handänderungssteuer fällig. Ausserdem muss ein Gerichtsverfahren angestrengt werden, sollte sich eine der beteiligten Parteien weigern, am neuen Kaufvertrag mitzuwirken. Ein Rücktrittsrecht von einem Kaufvertrag im eigentlichen Sinne gibt es nach der schweizerischen Rechtskonzeption somit nicht.
Erst wenn die im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen erfüllt sind, wird der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen.Art. 217 Abs. 1 OR
Ein Vorvertrag zu einem Grund-stückskauf ist nur dann gültig und rechtlich bindend, wenn er von einem Notar öffentlich beurkundet wird.Art. 22 Abs. 2 OR und Art. 216 Abs. 2 OR