Die Architektur dieses Hauses im französischen Skiort Chamonix feiert geradezu die alpine Hanglage des Grundstücks. Natürliche Materialien und eine umweltbewusste Ausstattung bezeugen Respekt für die umliegende Natur.
Ein Haus am Hang fordert die Planer immer auf eine besondere Art. Von geschickter Terrassierung bis hin zur kompletten Abtragung des Terrains sind verschiedenste Lösungen denkbar. Architekt Pepijn Laforce schlug bei diesem Haus im französischen Skiort Chamonix einen etwas anderen Weg ein: Statt die Berglandschaft im Sinne der Architektur zu gestalten, passte er das Gebäude der steilen Lage an, sodass das Dach des Hauses parallel zum Hang verläuft.
Im Einklang mit der Natur
Chamonix, ein Dorf am Fuss des Mont-Blanc-Massivs im Dreiländereck zwischen Frankreich, Italien und der Schweiz, ist ein traditionsbewusster Ort. Die umliegende alpine Landschaft prägt nicht nur den Tourismus, sondern auch die Architektur. Der moderne Entwurf von Pepijn Laforce stiess deshalb zunächst auf etwas Widerstand. «Die Dachneigung entspricht allerdings genau den baulichen Vorgaben der Gemeinde, und für die Fassadenschalung haben wir heimisches Lärchenholz verwendet», sagt der Architekt. So konnte er die Gemeinde schliesslich vom Projekt überzeugen, und der Bau durfte beginnen.
Der Baukörper, der sich den Hang entlang zieht, harmoniert mit den umliegenden Berghängen, während die sägerohe Lärchenschalung der Fassade die vertikalen Linien des umliegenden Tannenwaldes aufnimmt. Wie das Haus selbst kommt auch das Land rundherum ohne grosse bauliche Eingriffe aus. Nicht einmal die Fläche des Gebäudes selbst wurde der Natur entzogen: Ein extensiv begrüntes Dach mit Regenwasserretention schafft Lebensräume für einheimische Pflanzen. Diese naturnahe Gestaltung, insbesondere die Integration des Baukörpers in den Hang, war nicht einfach. Der Einsatz des Planungs- und Bauteams hat sich jedoch auf der ganzen Linie gelohnt: Nicht nur Architekt und Bauherrschaft, sondern auch die anfangs skeptisch gesinnte Gemeinde sind mit dem Ergebnis zufrieden.
Doch die langgezogene Form des Hauses tut mehr, als der Landschaft zu schmeicheln: Sie ermöglicht es der Bauherrschaft, das Beste aus ihrem Grundstück zu machen. Als die Familie mit zwei Kindern zu Pepijn Laforce kam, stand auf dem Grundstück bereits ein Chalet, das sie erweitern und modernisieren wollten. Der Aufwand stellte sich jedoch als so gross heraus, dass es sinnvoller war, das alte Ferienhaus durch ein neues zu ersetzen. Die Abklärung der Lage ergab, dass das Hanggrundstück im oberen Bereich die beste Besonnung erhält, aber nur im unteren mit dem Auto erschliessbar ist. Die gewählte Bauart verbindet die Nutzungsbereiche, von der Garage auf Strassenniveau bis zum sonnigen Sitzplatz weiter oben, wo der Hang einer flachen Wiese weicht – ein Höhenunterschied von neun Metern.
Höhenversetztes Wohnen
Der spezielle Baukörper, der den oberen und den unteren Bereich des Grundstücks verbindet, bedurfte auch einer besonderen Innenarchitektur. Insgesamt vier Ebenen à drei Meter Höhe definieren das Hausinnere. Auf der untersten Ebene, auf Höhe der Strasse, befinden sich die Garage sowie ein Skiraum, der vom Architekturbüro mit massgefertigten Möbeln ausgestattet wurde. Hier werden Skier, Stöcke und andere Bergausrüstung getrocknet und bis zum nächsten Pistenausflug aufbewahrt. Auf der zweiten Ebene liegen ein Gästezimmer mit Dusche und WC sowie eine Sauna, auf der dritten zwei Kinderschlafzimmer, die sich ein Bad teilen. Auf der vierten und obersten Ebene liegen der offene Wohn- und Essbereich sowie die Elternsuite samt Badezimmer und Ankleide. Jede Ebene hat einen Zugang zum Aussenraum. Zuoberst gelangt man auf eine grosse, sonnige Holzterrasse, die mit einem eingelassenen Whirlpool Wellnessmomente bietet.
Eine durchgehende, gerade Treppe verbindet alle Ebenen miteinander. «Weil die Treppe in diesem Gebäude eine derart prominente Rolle spielt, haben wir sie als eigenen Raum gestaltet», erklärt Pepijn Laforce. «Sie ist breiter als üblich, und die Fenster sind mit Sitzbänken ausgestattet, wo man lesen oder in die Natur schauen kann.» Der Raum unter der Treppe wird als Stauraum genutzt. Das Architekturbüro gestaltete eigens dafür Einbauschränke auf Mass. «Wir übernehmen grundsätzlich die Interieur-Gestaltung», sagt der Architekt. Die Bauherrschaft wünschte eine minimalistische Einrichtung mit alpinem Touch. Die Böden in den Schlafzimmern wurden deshalb mit Eichenparkett gestaltet. Die offenen Bereiche, vom Wohnzimmer über die Treppe bis hin zu sämtlichen Korridoren, erhielten einen dunklen, fugenlosen Belag, der sie optisch verbindet. Die Oberflächenstruktur des Zementbelags verleiht ihm einen rustikalen Touch. Für Türen, Einbaumöbel und Täfer im Obergeschoss wurde das Holz der Weisstanne verwendet. Die offene Küche mit Geräten von Siemens und Edelstahlabdeckung wurde in schlichtem Weiss gehalten, sodass der an die Kochinsel angedockte Massivholzesstisch die Hauptrolle übernimmt. Minimalistische Leuchten sorgen abends für Stimmung, tagsüber lassen die grossen Fenster viel Tageslicht hinein. Daraus geniesst die Bauherrschaft auch einen Ausblick auf umliegende Berggipfel: Aiguille du Midi, Brévent und Prarion. Alle Schlafzimmer sind nach Nordosten ausgerichtet und bekommen Morgensonne. Hier und da sorgen Oberlichter zusätzlich für Helligkeit. Die weissen Wände und die zurückhaltende Einrichtung lassen die Räume noch heller wirken.
Der Respekt vor der Natur, welcher der Architektur des Hauses zugrunde liegt, spielte auch bei der Haustechnik eine Rolle. Eine Holzfaserdämmung und Dreifachverglasung sorgen für hervorragende Isolationswerte. Beheizt wird das Haus mit Erdwärme; eine kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt dafür, dass keine Heizenergie verschwendet wird. Damit entspricht das Gebäude in etwa dem Schweizer Minergie-Standard. «Wenn man in einer natürlichen Umgebung baut, sollte man die Natur miteinbeziehen und respektieren», sagt Pepijn Laforce.
«Wir haben die Treppe als einen eigenen Raum gestaltet.»
Pepijn Laforce, Architekt
TECHNISCHE ANGABEN
[ Architektur ]
Pepijn Laforce ing. architecte, Chamonix www.laforcearchitecture.com
[ Konstruktion ]
Massivbau | Versetztes Pultdach, extensiv begrünt | Fassade: Vertikale Schalung, Lärche sägeroh
[ Raumangebot ]
Wohnfläche: 225 m² | Anzahl Zimmer: 5,5
[ Ausbau ]
Boden: fugenloser Belag, Eichenparkett, Platten in den Nassräumen | Wände: Putz, Täfer, Platten in den Nassräumen | Holz-Metall-Fenster | Holztüren
[ Technik ]
Erdsonde | Sole-Wasser-Wärmepumpe | Fussbodenheizung | Lüftung mit Wärmerückgewinnung | Cheminée