Mit Konventionen gebrochen
Das polygonähnliche Haus aus Fichte ist ein Blickfang, weil sich das Gesicht des Gebäudes je nach Blickwinkel verändert. Damit hat der Bauherr und selbstständige Architekt beim Umzug von der Stadt in sein einstiges Heimatstädtchen auf dem Land ein Stück Urbanität mitgenommen.

Umhüllt von Holz
Das dreigeschossige Einfamilienhaus mit einer sägerauen, mit Schwedenfarbe bemalten Fichtenfassade entspricht den Wünschen der heutigen Besitzer. Die wasserlösliche, tuchmatte und deckende Farbe eignet sich besonders gut für sägeraues Holz im Aussenbereich. Die Kellerdecke des einstigen Untergeschosses ist heute die Plattform des neuen Wohnhauses. «Ich wollte die Kleinteiligkeit des Quartiers wahren, aber mit der traditionellen Hausform brechen», erklärt der Bauherr den aussergewöhnlichen Grundriss. Er besteht aus zwei Gebäudekörpern – einem Wohnturm und einem offenen Wohnbereich –, wodurch das Haus von jeder Seite anders aussieht. Auffallend dabei sind die vielen Knicke und Winkel in den einzelnen Wohnräumen. «Dadurch wollte ich den Massstab zwar sprengen, aber auch etwas verkleinern», sagt der Bauherr. Der geometrische Kniff sorgt auf dezente Weise für häusliche Atmosphäre im holzverkleideten Einfamilienhaus. Durch die Haustür tritt man direkt in die offene Küche, die sich in elegantem Schwarz an der Westseite des Hauses entlangzieht und den Blick in einen kleinen begrünten Innenhof freigibt. Daran schliesst sich ein offener Ess- und Wohnbereich. An den mehrere Meter hohen Raum grenzt eine von einem Wandregal abgetrennte Büronische. Der Boden im Haus ist aus massiver, gebürsteter und weiss geölter Fichte. Bei Wänden und Decken wurden lasierte Dreischichtplatten aus dem gleichen Holz verwendet. Die helle Farbe des Naturmaterials verleiht dem Inneren ein warmes Ambiente. Einzig die Treppe aus Esche hebt sich von der übrigen Materialisierung im Haus ab. Vom Wohnraum aus hat man durch grossflächige Fenster einen freien Blick in den dezent gestalteten Garten. Zudem erlaubt die Fensterfront bei hohen Temperaturen einen fliessenden Übergang zwischen Aussen- und Innenbereich. Auch bei der Gartengestaltung hatten die Bauherren klare Wünsche: «Immergrün und mit Fichten bestückt.» Die Landschaftsarchitektin Jacqueline Noa setzte die Vorgaben so um, dass die Grünfläche nicht konstruiert wirkt. Die Kieswege schlängeln sich um den polygonalen Baukörper. Vier Verbindungswege aus dem Garten stellen Kontakt zu den umliegenden Liegenschaften her. Niedrige Sträucher am Rande des Grundstücks erlauben einen freien Blick zu den Nachbarn.
Unter den Sternen
Während das Erdgeschoss als Kontinuum unterschiedlicher offener Räume gegliedert ist, was für die Hausbesitzer eine «Herzensangelegenheit» war, sind die oberen Stockwerke privater gehalten. Im ersten Obergeschoss befinden sich zwei Kinder-, ein Badezimmer sowie eine zum Wohnbereich offene Galerie. Die Rückzugsorte der Kinder haben neben der farbenfrohen Einrichtung noch eine andere Gemeinsamkeit. Sie verfügen über jeweils ein grosses Fenster, das übers Eck verläuft. Unweigerlich schafft diese integrierte Fensterkante das Gefühl von Weite im Raum, die behaglich wirkt. Im zweiten Obergeschoss leben die Eltern. Das Highlight dort ist der kleine Balkon, der den Hausbesitzern einen freien Blick übers Quartier ermöglicht. «Ein urbanes Überbleibsel, das wir beim Rückzug in mein Heimatstädtchen aus der Stadt mitgenommen haben», sagt der selbstständige Architekt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Balkons verfügt die Etage über ein Fenster, das abgeschrägt ins Dach verläuft. So holen sich die Bewohner nachts den Sternenhimmel über dem Aargau ins Zimmer oder geniessen einfach den romantischen Blick auf das beleuchtete Schloss Lenzburg.
Blickt man aus einem der Fenster, fällt die Verkleidung des Pultdaches über dem Ess- und Wohnbereich ins Auge: PV-Solarzellen. Auch das asymmetrische Satteldach des Wohnturms ist mit entsprechenden Photovoltaikmodulen ausgestattet. Der Bauherr sagt: «Das ist ein sogenanntes Plusenergiehaus. Wir produzieren mehr Strom, als wir übers Jahr für Haushalt, Heizung und Warmwasser brauchen.» Zudem fällt das Eisendach auf Eisenstützen auf, das über dem Eingangsweg zur Haustür vor Regen und Sonne schützt. «In Anlehnung an das einstige Haus meiner Grosseltern habe ich diesen Bereich so gestaltet», verrät der Bauherr. Ursprünglich habe an dieser Stelle ein für seine Zeit modernes Betondach auf Eisenstützen die letzten paar Meter zum Haus Schutz geboten.
TECHNISCHE ANGABEN





[ ARCHITEKTUR ]
Fabian Würmli | Polygon Architektur | polygonar.ch
[ KONSTRUKTION ]
Holzelementbau | Sattel-, Pultdach | Fassade: Fichte, sägerau, mit braun aufgehellter schwarzer Schwedenfarbe
[ Raumangebot ]
Nettowohnfläche: 175 m² | Anzahl Zimmer: 6,5
[ Ausbau ]
Boden: Fichte, gebürstet, weiss geölt | Wand: Fichte, weiss lasiert | Treppe: Esche, geölt | Fenster: Holz-Metall
[ Technik ]
Luft-Wasser-Wärmepumpe | PV-Solarzellen | Bodenheizumg

























































