Ahoi!

An bester Lage direkt am Bahnhof und mit Aussicht über den Zürichsee verbindet diese Villa moderne Materialien mit nautischem Thema und Design.

Sanfte Beige- und Brauntöne dominieren das Bild, konzeptuell durchdacht und sorgfältig gepflegt erscheint der Feed des Instagram Accounts @villa_hecht, betrieben von der Bauherrin Edith Saladin selbst. Mit den Schlagworten Travertin, Messing, Walnuss und Fish& Nautic werden Materialien und Thematik angesprochen. Seit über zwei Jahren teilt Saladin Leidenschaft, Freud und Leid von Bauen und Einrichten. «Was man gut macht, teilt man auch gerne», sagt dazu die Bauherrin. Die «Villa Hecht» ist nach zwei umgebauten und wiederverkauften Wohnungen in Hongkong und der Renovation eines 200-jährigen Bauernhauses in Horgen bereits ihr viertes Bauprojekt. «Wir konnten so ein grosses Objekt nur umsetzen, weil wir von Erfahrungen und dem geschaffenen Mehrwert der vorherigen Projekte zehren konnten», so Saladin.

Die Villa steht an steiler Hanglage unterhalb eines Bahnhofs an der Zürcher Goldküste in zweiter Häuserreihe vom See. Auf der grossen, aber schmalen Parzelle, auf die die Bauherrschaft über ein Onlineinserat gestossen ist, stand ein Haus aus den 1950er-Jahren. Gemäss Baureglement hätte der Ersatzneubau auf der Grundstückbreite von 18 Metern schmaler ausfallen sollen, doch seine bescheidene Höhe erlaubte es, die Grenzabstände zu verringern. «Kompromisse mussten dafür bei der Gartengestaltung eingegangen werden», so der Architekt Kerry de Zilva von Marty Design Haus, «Hier musste ich zu Beginn sagen, dass sich auf dem steilen Gelände kein Garten bauen lässt, wie man ihn von klassischen Einfamilienhäusern kennt». Tatsächlich liegt die Höhendifferenz von Strasse zu Strasse bei zehn Metern. Gelöst wurde die Herausforderung der Parzellenform mit einer durchdachten Organisation des Bauvolumens. Die spitze Ecke des Neubaus war dabei ausschlaggebend zur optimalen Ausnutzung des Grundstücks, wie auch der Wohnfläche. Aus der Konsequenz gab es ein anspruchsvolles Bauen mit grossem Aushub und Nagelwand zur Befestigung gegen die General-Wille-Strasse.

Hecht – Mehr als nur ein Name

An der Seestrasse findet sich im zweiten Untergeschoss die Einfahrt, welche in die überhohe Tiefgarage mit fünf Stellplätzen und einen kleinen Nebenraum für die Paddelboards und dem Zugang zum See führt. Im ersten Untergeschoss liegt eine eigenständige, farblich abgesetzte 110 Quadratmeter Einliegerwohnung mit Seesicht durch die Bäume und separatem Eingang sowie unter Terrain die Nebenräume wie Waschküche, Technikraum und Weinkeller für das Haupthaus. Darüber liegt in der Gliederung das Erdgeschoss mit dem seeseitigen Kinderzimmerbereich mit Terrasse und der rückwändigen Gästesuite und -zimmern, von dem das eine momentan als Büro genutzt wird. Lateral befindet sich ein kleiner Gartenbereich mit Grillplatz. Der repräsentative Eingang von Bahnhofseite findet sich im ersten, im Splitlevel aufgeteilten Obergeschoss. Vom überhohen Eingangspodest mit Gäste-WC und Garderobe führen drei Tritte hinauf in den Hauptraum mit Essbereich, Küche, eingebautem Cheminée und abgesetztem Wohnbereich. Wichtig war der Bauherrschaft hier zudem ausreichend Platz zum Tanzen.

«Die Inselsituation ist wie eine Schiffsbrücke ausgebaut, als Kapitän hat man dort die Sicht über alles», beschreibt es de Zilva ganz dem Überthema «maritim» gerecht. Oder in den Worten der Bauherrin: «Die Küche ist das Captain’s Deck, von der ‚Insel‘ aus überschaut man den Wohnbereich, hier stranden durstige Partygänger». Neben dem Essbereich führt eine Schiebetür dementsprechend zur Pantry. «Das nautische Thema drängt sich durch die Nähe vom Wasser und die omnipräsente Sicht auf den See auf», erzählt die Bauherrin. «Hecht» hat hierbei multiple Begründungen. «Das Geburtshaus meiner Grossmutter am Grunewalder Dianasee in Berlin hiess ‚Villa Hecht‘. Der Hecht ist zudem einer der grössten Fische, der im Zürichsee lebt». Das Fischmotiv und Unterwasserfauna werden in der Villa durchgehend interpretiert. Ob als Schuppenmuster am Messing-Türgriff der Hauseingangstüre, in Kissenbezügen oder Wandtapete. Neben der familienhistorischen und ikonischen Perspektive schlägt der Namen einen Bogen zur Architektur: «Hecht» heisst auf Englisch «pike», was gleichzeitig «Spitze» bedeutet. Der Grundriss des Grundstücks und des Hauses ist nach Norden hin spitz. Diese asymmetrische Form wiederholt sich in diversen Räumen und Einbauten. Deshalb und aufgrund der Ausrichtung der Kücheninsel entstand «unser Signature Shape», wie es Saladin umschreibt: «Die Kücheninsel sollte so breit wie möglich sein, ohne die Sicht zu beeinträchtigen. Also brachen wir eine Ecke ab». Diese Konsequenz wurde formgebend auch für den Tresen im Weinkeller und den Kamin. Hecht ist hier mehr als nur ein Name.

Die farbliche Klammer

Von aussen steht die Form im Vordergrund, weshalb zurückhaltende Farben das Bild ausmachen. «Der spitze Winkel hat einen dynamischen Ausdruck. Diese Eckperspektive ist prägend für dieses Projekt», beschreibt de Zilva die spezielle Herleitung: «Die Haupterschliessung der oberen Geschosse liegt genau in dieser Ecke, dort ist die Treppe. Es ist ein lässiger Raum, er gibt dem Eingangsbereich mit spitzem Winkel im Treppenhaus ein spezielles Flair. Wir haben darauf geachtet, dass es mit den verschiedenen Höhen szenographisch spannend ist: Man kommt immer an einem schönen Ort an, wenn man die Treppe nutzt». Wichtig sei, dass man beim Herumgehen überrascht wird und immer eine interessante Sichtachse entsteht. So sind denn alle Haupträume wie auch der Terrassenbereich zum See hin orientiert, im zweiten Obergeschoss hat gar der ganze Master- und Schlafbereich mit Ankleidezimmer Sicht nach Horgen.

Die Bodenbeläge des Wohnzimmers mit rahmenlosen Schiebefenstertüren sind Feinsteinzeug in Travertinoptik in einem Modell, von dem auch Outdoorplatten für die Terrassen erhältlich waren. «Damit Innen und Aussen verfliesst, denn wir wollten keinen optischen Bruch. In den anderen Zimmern liessen wir ein Laminat in Wallnussholzoptik legen, das ist mit Kindern praktischer als Parkett», so die Bauherrin. Daneben herrschen die klassischen hochwertigen Materialien Travertin, Messing und Walnuss. Die Messingarmaturen und Petrol als Akzentton wurden rigoros im gesamten Haus eingesetzt. Ein Foto über dem Esstisch war ausschlaggebend. Daraus hat die Bauherrschaft zusammen mit der der Innenarchitektin Antonella Roth Farbtöne aufgegriffen, zum Beispiel die der Tischbeine oder die des Baldachins, der mit seinem dreidimensionalen Effekt den Essbereich farblich absetzt. «Man darf vor kräftigen Wandfarben keine Angst haben – niemand wollte glauben, wie cool die Farbe in unserem Essbereich auch an der Decke aussehen würde», erzählt Saladin. Mit einer Farbkarte wurde der gemeinsame Nenner ermittelt und von Roth Bestehendes mit einer farblichen Klammer zusammengeführt.

Mid Century Mad Men

Ein Hingucker ist der gelb marmorierte Quarzit in der Küche mit Spritzschutzfenster: «Ich verliebte mich in einen Stein von Marmorarena Schweiz, eigentlich vorgesehen für unser Bad. Aus ein paar Reststücken entstand unsere Gute-Laune-Wand in der hinteren Küche. Sie passt zum gewollten Mid-Century-Mad-men- vibe», so Saladin. Auch der eingelassene Salon stellt ein zentrales Element im Wohnbereich dar und war Wunsch der Bauherrschaft. Die Versenkung der Fensterfronten der Lounge benötigte gemäss de Zilva eine lange Entwicklung der Technik. Über dem grossen Bereich hängt eine filigrane Deckenlampe, die die spektakuläre Aussicht auf den Zürichsee nicht hindert, aber gleichzeitig genug Volumen und Ausdruck für den grossen Freiraum besitzt. Die «Dew Drops»-Lampe ist ein Objekt zwischen Mobile, Windspiel und Beleuchtungskunst.

Ideen für die Zukunft

Generell sei es ein Low-tech-Haus, das mit der Familie altern kann, so die Bauherrin. Vom Mehrfamilienhaus zum Mehrgenerationenhaus: Der Lift wurde noch nicht ausgebaut, für eine spätere Einsetzung aber der Schacht vorbereitet. Die Kinderetage ist so konzipiert, dass sie sich leicht zur separaten 3,5-Zimmer-Wohnung umrüsten lässt: Die Trennwand zwischen den Kinderzimmern ist nicht tragend, Küchenanschlüsse wurden bereits verlegt, ein vertikales Fenster ist als mögliche Eingangstür vorgesehen und wurde bereits mit Klingelanschlüssen ausgestattet.

«Auf meinem Instagram-Account fragen mich viele Bauherrschaften nach bestimmten Objekten, Materialien oder Bautipps», so Saladin, die die Informationen und Erfahrungen gerne preisgibt, und scherzt: «Seit 15 Jahren arbeite ich tagsüber im Marketing, nachts im Interior Design und in der Entwicklung». Ob sie ihren Tagesjob aufgeben wird, um sich dem Bauen und Gestalten zu widmen, stehe noch offen: «Mein Motto ist #NeverSayForeverHome – dies ist bestimmt nicht mein letztes Bauprojekt». <<

TECHNISCHE ANGABEN

[ ARCHITEKTUR ]

Marty Design Haus, marty-designhaus.ch

[ KONSTRUKTION ]

Massiv | Flachdach | Fassade: Verputzte Aussenwärmedämmung

[ Raumangebot ]

Bruttowohnfläche: 437 m² | Anzahl Zimmer: 3.5 + 6.5

[ Ausbau ]

Wandbeläge: Abrieb weiss, Bäder teils Platten | Bodenbeläge: Laminat/Platten | Decken: Weissputz gestrichen | Fenster: Holz/Aluminium

[ Technik ]

Sole-Wasser-Wärmepumpe | Cheminée | Photovoltaik | Liftschacht vorbereitet

Die rahmenlose Fensterfront zur Terrasse lässt sich komplett in die Wand verschieben und öffnen.
Die rahmenlose Fensterfront zur Terrasse lässt sich komplett in die Wand verschieben und öffnen.
Die Materialisierung und das Farbkonzept sind elegant und auf die Kunstwerke abgestimmt. Die filigrane «Dewdrops» Lampe von Giopato & Coombes ist spielerisch wie ein Mobile.
Die Materialisierung und das Farbkonzept sind elegant und auf die Kunstwerke abgestimmt. Die filigrane «Dewdrops» Lampe von Giopato & Coombes ist spielerisch wie ein Mobile.
Auch die Küche punktet mit ihrer Quarzit-Wand. Das Waschbecken mit Einhebelmischer von Grohe ist in der Ausführung «Cool Sunrise» gebürstet.
Auch die Küche punktet mit ihrer Quarzit-Wand. Das Waschbecken mit Einhebelmischer von Grohe ist in der Ausführung «Cool Sunrise» gebürstet.
Schöne Symmetrie bei den Rundspiegeln, aber die Quarzit-Wand ist mit anregender gelber Farbe unum- strittener Blickfang des Masterbads.
Schöne Symmetrie bei den Rundspiegeln, aber die Quarzit-Wand ist mit anregender gelber Farbe unum- strittener Blickfang des Masterbads.
Alles Überirdische ist in Off-white mit kupfernen Fensterrähmen und -bänken, deren Farbe mit dem Braungrau des Sockels spielt. Durch die farblich abgesetzte Einliegerwohnung wirkt das Haus nicht wuchtig.
Alles Überirdische ist in Off-white mit kupfernen Fensterrähmen und -bänken, deren Farbe mit dem Braungrau des Sockels spielt. Durch die farblich abgesetzte Einliegerwohnung wirkt das Haus nicht wuchtig.
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