«Diffuses Licht ist wie schlechtes Wetter»

Die richtige Badezimmerbeleuchtung hat es in sich: Sie muss Atmosphäre schaffen, gleichzeitig aber auch mikroskopisch klar sein. Wie man die richtige Balance zwischen weissem und warmem Licht findet, erklärt Lichtdesigner Robert Müller im Gespräch.

«Diffuses Licht ist wie schlechtes Wetter»
Interview Lina Giusto
Die richtige Badezimmerbeleuchtung hat es in sich: Sie muss Atmosphäre schaffen, gleichzeitig aber auch mikroskopisch klar sein. Wie man die richtige Balance zwischen weissem und warmem Licht findet, erklärt Lichtdesigner Robert Müller im Gespräch.
Der Stellenwert von Licht im Bad ist sehr hoch, weil das Bad für jeden Menschen ein sehr persönlicher Raum ist. Der Nutzer will die bestmöglichen Bedingungen vor dem Spiegel und auch eine angenehme Raumatmosphäre haben. Was sich in den letzten Jahren verändert hat, ist, wie Menschen auf Licht und Lichtverhältnisse reagieren.

Wie denn ?

Sie sprechen sensibler auf Beleuchtungsnuancen an. Wenn ein Raum besser, eleganter und brillanter aussieht, wird er besser gepflegt und gereinigt, damit für sich selbst sauberer und zum Wohlfühlort.

Wie erreicht man das ?

Indem man vermehrt auf eine Kombination von brillantem und diffusem Licht setzt. Denken Sie beispielsweise an den beleuchteten Badezimmerspiegel: Zwar ist die Gesichtsaufhellung gut, aber wenn es das einzige Licht im Raum ist, ist die Atmosphäre diffus, und die Raummaterialien verlieren optisch an Qualität. Es reicht schon ein zusätzlicher Spot, der die Brillanz des Raumes steigert. Schliesslich werden in keinem anderen Zimmer des Hauses so hochwertige Materialien verbaut wie im Bad. Das liegt daran, dass Armaturen, Waschtisch, Boden und Wände einem Menschen bei der Nutzung so nahe kommen wie sonst nirgends im Haus.

Wie schafft man mit Licht Atmosphäre ?

Das brillante, klare Licht kann bei der Armatur der Badewanne oder auf einem Badzimmermöbel platziert sein, damit Wohnatmosphäre entsteht. Diffuses Licht im Raum fühlt sich wie schlechtes Wetter an. Beim Schminken oder Rasieren am Morgen wird kälteres, tageslichtähnliches Licht benötigt. Beim Abschminken oder Reinigen des Gesichts am Abend wird warmes Licht wesentlich als angenehmer empfunden. Wichtig ist, dass ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Lichtfarbe und Tageszeit besteht.

Welche Rolle spielt natürliches Tageslicht bei der Beleuchtung ?

Tageslicht ist als Lichtquelle weniger ein Thema. Fenster sind wertvoll für das Wohl- befinden, weil sie den Raum nach aussen öffnen. Tageslicht selbst reicht für Pflege und Hygiene in der Regel nicht aus. Denken Sie an den Herbst: Wenn das Licht graublau ist, wird die Atmosphäre drinnen kalt, ungemütlich und diffus.

Welche Lichtquellen braucht ein Bad ?

Wir empfehlen LED-Lichtquellen, weil sie die beste Farbwiedergabe garantieren und die Lichtfarbe im Raum verändert werden kann. Hat jemand erlebt, wie sich die Raumtemperatur von weissem zu warmem Licht ändert, wird darauf nicht mehr verzichten wollen.

Wie setzt man das technisch um ?

Durch rigorose Programmierung. Am Morgen wird weisses Licht eingestellt, und mit einem Zeitprogramm wird es im Verlauf des Tages wärmer. Studien zeigen, dass der Mensch ab 18 Uhr wärmeres Licht als Komfort erwartet. Die Beleuchtungseinstellung muss der Helligkeitsveränderung nachkommen, nicht aber unbedingt der Lichtfarbe.

Wie schwierig ist es, das richtige Licht im Bad zu konzeptionieren ?

Die grösste Herausforderung ist nach wie vor, dass vor dem Spiegel gleichmässiges Licht benötigt wird, das keinen Schatten auf das Gesicht wirft und nicht blendet. Ideal ist eine umfassende, leuchtende Fläche um den Spiegel herum. Betrachtet man die Historie, sind die Maskenbildnerspiegel wohl das Beste, was es gibt. Je nach Raumschnitt aber ist eine Beleuchtung aller Spiegelseiten teilweise nicht möglich.

Stichwort farbiges Licht: Fluch oder Segen ?

Ein Fluch, denn unsere Erfahrung zeigt, dass Lichtsteuerung über eine App am Anfang der Installation oft und schliesslich kaum mehr genutzt wird. Das Lichtspiel kann den Biorhythmus stören. Falsch eingestelltes farbiges Licht beeinflusst das Müdigkeitsgefühl und den anschliessenden Schlaf. Zu weisses oder zu blaues Licht zerstört den Erholungsfaktor in wenigen Sekunden.

Warum ist das Design von Lichtspendern ebenso wichtig wie das Licht selbst ?

Design ist Ausdruck der persönlichen Raumgestaltung. Die meisten suchen Licht nicht nach der Funktion aus, sondern ob ihnen die Leuchte gefällt. Das entscheidet häufig darüber, ob einem ein Raum optisch zusagt, egal wie schlecht die Beleuchtung ist. Im täglichen Gebrauch rückt aber die Funktion in den Vordergrund. Warmes Licht erzeugt eine gefühlt wärmere Raumtemperatur, obwohl es objektiv im Raum gleich warm ist.

Effekt und Bedeutung von Licht werden gern unterschätzt. Woran liegt das ?

Weil die Auswirkung von Licht erst dann klar wird, wenn sie als negativ empfunden wird. Wenn man sich in einem Raum nicht wohlfühlt, wird schnell das Material verurteilt. Dabei hängt dieses Empfinden oft von der Beleuchtung ab. Materialfarben müssen trotz Beleuchtung realistisch wirken, ansonsten fühlt sich der Nutzer betrogen. Die Anforderung an uns ist, die Farbwiedergabe des Lichtes besser zu berücksichtigen.   Robert Müller,

«Diffuses Licht ist wie schlechtes Wetter»
Creative Director Lighting DesignBartenbach GmbH Aldrans, Österreich
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