Tipps vom Profi: «Das Schlafzimmer wird oft vernachlässigt»

Innenarchitektin Robine Reolon hat schon zahlreiche Schlafzimmer konzipiert und weiss, was es für das gewisse Etwas braucht. Das belegt auch ihr jüngstes Projekt – eine Zweitwohnung mit Ferienhaus-Charakter. Im Interview erklärt sie, weshalb das Objekt trotz mutiger Farbwahl ebenso zeitlos wie zeitgemäss ist, und gibt allgemeine Tipps für die Einrichtung des Schlafzimmers.

Das Bett von Twils und der Schrank von Caccaro bilden die schlichte Basis. Mit auswechselbaren Accessoires wie dem Überwurf und den Kissen- bezügen von Elitis werden Farbtupfer gesetzt.
Das Bett von Twils und der Schrank von Caccaro bilden die schlichte Basis. Mit auswechselbaren Accessoires wie dem Überwurf und den Kissenbezügen von Elitis werden Farbtupfer gesetzt.

Robine Reolon, wie sind Sie bei der Gestaltung dieses Schlafzimmers vorgegangen?

Die Besonderheit bei diesem Projekt lag darin, dass die Einrichtung sowohl dem Eigentümer gefallen musste, weil er die Wohnung als Zweitwohnung nutzt, als auch den potenziel­len Mietern, wenn kein Eigenbedarf besteht. Deshalb habe ich darauf geachtet, die Gestal­tung möglichst neutral zu halten. Das Zimmer mag sehr farbig wirken, doch die grossen Möbel sind in zurückhaltenden Farbtönen wie Grau, Offwhite und Schlamm gehalten. Die Wandfarbe ist Grün, aber in einer erdigen und pudrigen Nuance, die nicht aufdringlich wirkt. Um eine Verbindung zur Wandfarbe herzustellen, habe ich einen Nachttisch in Grün gewählt. Die bunte, gemusterte Bettwä­sche ist ein Blickfang. Mit weisser und ein­farbiger Bettwäsche wirkt das Zimmer gleich viel schlichter. So ist es nach persönlichem Geschmack anpassungsfähig.

«Grün strahlt Geborgenheit, Ruhe und Entspannung aus, ist also ideal fürs Schlafzimmer.»

Welche Materialien, Stoffe und Farben haben Sie ausgesucht und warum?

Vieles ging von meinem eigenen Gefühl aus, aber in Abstimmung mit dem Geschmack des Kunden. Mit der Wandfarbe wollte ich die Natur, die man vom Zimmer aus sehen kann, hereinbringen. Grün strahlt Geborgenheit, Ruhe und Entspannung aus, ist also ideal fürs Schlafzimmer. Der erdige Ton unterstützt diesen Effekt. Mit dem Boden in Holzoptik bestimmte bereits ein warmes Material den Raum. Deshalb war ein Bett mit Holzrahmen für dieses Zimmer ausgeschlossen. Ich habe mich für ein Bett mit gepolstertem Rahmen und Leinenbezug entschieden, das lebendig und etwas frecher wirkt. Den grossen Schrank habe ich mit matter Lackierung gewählt. Fronten in Hochglanz oder mit Spiegel hätten das grosse Möbel zu kühl erscheinen lassen.

Wie haben Sie Akzente gesetzt?

Das im Kasten eingebaute Regal in warmem Terrakottafarbton macht den grossen Schrank luftig und wohnlich. Hier habe ich mit Vasen und Buchstützen dekoriert. Als Ausgleich zum eckigen Möbel mit matten Fronten ist der Nachttisch zylinderförmig und in Hochglanz. Bei den Lampen habe ich auf starke Kontraste gesetzt. Die kühl anmutende Nachttischleuch­ te aus Opalglas und Messing steht der natür­lichen Bambusleuchte gegenüber. Um eine erdende Insel für das Bett zu schaffen, habe ich ein Kuhfell als Teppich gewählt, das mit seiner organischen Form die Geradlinigkeit des Zimmers und der übrigen Möbel aufbricht. Der Mix aus verschiedenen Formen, Materialien, Texturen und Farben macht für mich die Ein­richtung spannend, und das in jedem Zimmer.

Inwiefern haben Sie die Einrichtung auf die übrigen Räume abgestimmt?

Der Eigentümer war grundsätzlich offen für Farben, was mich gefreut hat, denn für mich persönlich ist ein Raum erst fertig eingerichtet, wenn die Wände Farbe bekommen haben. Da es sich bei diesem Projekt um eine Zweitwoh­nung handelt, die auch möbliert vermietet wird, hat sie einen Ferienhaus­-Charakter. Des­halb waren wir bei der Farbwahl auch etwas mutiger. Als wir uns entschieden hatten, das Schlafzimmer komplett in Grün zu streichen, war für mich klar, dass auch im Büro und im Wohnbereich alle Wände gestrichen wer­den müssen. Jeder Raum sollte eine eigene Far­be in der gleichen erdigen Nuance bekommen. Wenn wir nur eine Wand im Schlafzimmer gestrichen hätten, wären wir in den anderen Räumen analog vorgegangen, um eine klare Linie zu erhalten. Wenn jemand Angst vor Farben hat, dann fordere ich das nicht heraus.

Welchen Stellenwert hat für Sie die Gestaltung des Schlafzimmers?

Das Schlafzimmer ist ein sehr persönlicher und sehr privater Bereich im Eigenheim. Es ist wichtig, dass man sich darin wohlfühlt, des­halb ist die Gestaltung immer individuell. Für mich ist es jedes Mal eine Ehre, ein Schlafzim­mer gestalten zu dürfen, denn ich werte das als Zeichen des Vertrauens. In den 17 Jahren, in de­nen ich als Innenarchitektin tätig bin, ergaben sich viele Beratungsgespräche über Betten, und daraus folgten sehr oft Aufträge für das Ge­samtkonzept des Zimmers oder gar des Hauses. Oft habe ich jedoch auch erlebt, dass das Schlafzimmer in der Gesamtplanung vernach­lässigt wird. Viele fokussieren sich auf das Wohnzimmer, weil es ein repräsentativer Raum ist. Dabei hat das Schlafzimmer einen ebenso grossen Einfluss auf das eigene Wohlbefinden.

Welche Fragen sollte man für sich beantworten, wenn es um die Einrichtung des Schlafzimmers geht?

Wie bei jedem Raum sollte man sich auch beim Schlafzimmer überlegen, was man wirklich braucht. Braucht es einen Schrank im Zimmer, oder hat man Platz für eine Ankleide nebenan? Wie viel Stauraum benötigt man, damit es aufgeräumt wirkt? Brauche ich eine Leselampe? Wie gross muss das Bett sein, damit ich gut schlafe? Und gibt es etwas, das ich vermeiden möchte, weil es in mir negative Gefühle auslöst? Mein Partner beispielsweise sagt, dass er das Bett nie so hinstellen könne, dass die Füsse direkt zur Tür ausgerichtet seien, weil er sich damit unwohl fühlen würde. Dieses Empfinden rührt wohl vom Brauch her, weil Verstorbene mit den Füssen voran aus dem Zimmer getragen werden.

Was sind die Grundregeln für ein Schlafzimmerkonzept?

Grundregeln gibt es nicht. Meiner Meinung nach sollte ein Schlafzimmer nicht überfüllt sein, aber dennoch wohnlich und warm. Die Proportionen der Möbel sollten der Raumgrösse entsprechen. So darf beispielsweise das Bett in einem grossflächigen Schlafzimmer etwas grösser sein, damit der Raum gut ausgefüllt wird. Bei einem kleinen Zimmer sind die Möbel entsprechend kleiner, und der Platz ist cleverer auszunutzen. Beispielsweise kann man den Platz unter dem Bett als Stauraum definieren.

Wie sieht die ideale Raumanordnung aus?

Wenn man wählen kann, sollte man vom Bett ausgehen. Dieses würde ich eher in der Nähe des Fensters platzieren, sodass man die Aussicht vom Bett aus geniessen kann. Vermeiden Sie, das Bett an einer kalten Wand zu positionieren, wenn diese nicht gut isoliert ist, denn Unterschiede von der Raumtemperatur zur Aussenwand können den Schlaf stören.

Sie haben viele Kunden über Betten beraten, wie lautet Ihr Ratschlag für eine gute Wahl?

Für das Bett gibt es zwei voneinander un­abhängige Fragen zu beantworten. Erstens: Welches Design für das Bettgestell gefällt Ihnen? Zweitens: Was braucht Ihr Körper? Hat man diese Fragen beantwortet, lässt sich die grosse Auswahl hinsichtlich der Stilrichtung und des Aufbaus des Innenlebens respektive der Matratze bereits stark eingrenzen.

Was wird bei der Einrichtung des Schlafzimmers oft unterschätzt?

Nebst dem Budget ist das die Wirkung der Vorhänge. Vorhänge bieten nicht nur Sicht­ und Sonnenschutz, sie wirken auch schalldämmend, was das Raumgefühl verbessert. Was auch häufig unterschätzt wird, ist der stumme Diener, um die Kleider auszulüften, bevor man sie im Schrank ver­staut. Diese Funktion kann auch ein Stuhl oder Sessel übernehmen. Oft wird mir gesagt, dass es im Schlafzimmer doch keinen schönen Sessel brauche, man benutze ihn doch eh nie. Natürlich benutzt man ihn kaum zum Sitzen und Lesen, aber bestimmt als Ablage, und damit hat er seinen Dienst bereits getan und gestaltet das Zimmer noch wohnlich dazu.

Was hat Ihrer Meinung nach keinen Platz im Schlafzimmer?

Kaltes Licht, übergrosse Spiegel und zu viele Pflanzen.

Womit überraschen Sie Ihre Kunden?

Dadurch, dass die Einrichtung so persönlich ist, habe ich Freude daran, den Kundinnen und Kunden ein Geschenk zu machen. Habe ich ein Projekt vollständig gestaltet, lasse ich deshalb gern einen kleinen Dekorationsgegenstand als Präsent liegen, wenn ich weiss, dass er gefällt, oder wenn ich das Gefühl habe, dass er einfach dorthin gehört. Bei dieser Wohnung war es eine Schale im Entree.

Der Nachttisch von Kartell nimmt Bezug auf die Wandfarbe und kontrastiert den eckigen Schrank mit matten Fronten. Dazu kombinierte die Innenarchitektin eine Leuchte von Aromas Del Campo.
Der Nachttisch von Kartell nimmt Bezug auf die Wandfarbe und kontrastiert den eckigen Schrank mit matten Fronten. Dazu kombinierte die Innenarchitektin eine Leuchte von Aromas Del Campo.
Wandfarben von Farrow & Ball in pudrigen Nuancen kamen durchgehend zum Einsatz. Im Flur wählte Robine Reolon den gleichen Grauton wie im Wohnzimmer.
Wandfarben von Farrow & Ball in pudrigen Nuancen kamen durchgehend zum Einsatz. Im Flur wählte Robine Reolon den gleichen Grauton wie im Wohnzimmer.
Das Sideboard von Punt harmoniert farblich mit der Wand und hebt sich gleichzeitig von dieser ab.
Das Sideboard von Punt harmoniert farblich mit der Wand und hebt sich gleichzeitig von dieser ab.
Erdtöne vereinen den Wohn- und Essbereich und strukturieren ihn, wobei der Teppich von Jacaranda eine Insel für Sofa, Sessel und Beistelltische kreiert.
Erdtöne vereinen den Wohn-und Essbereich und strukturieren ihn, wobei der Teppich von Jacaranda eine Insel für Sofa, Sessel und Beistelltische kreiert.
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