Zürcher Wohnung in neuem Kleid

Wenn die Architektin in einer mit dem Projekt identischen Wohnung aufgewachsen ist: Dieser Umbau einer 4,5-Zimmer- Wohnung in einer Göhner-Siedlung im Kanton Zürich wird von einer feinen Profilierung geprägt.

Projekt

Der Bauherr hat die in die Jahre gekommene Wohnung des Vaters übernommen. Sie war klassisch nach Ernst Göhner mit grossem Flur und beidseitig angelegten Zimmern aufgeteilt und 94 Quadratmeter gross. Auf Wunsch des Bauherrn und seiner Frau öffneten Architektin Prisca Lieberherr, selbst in einer Göhner-Wohnung aufgewachsen, und Innenarchitektin Isabelle Camenzind mit behutsamer Rohbauanpassung den Grundriss für ein luftigeres Erscheinungsbild. In Bezug auf die Gestaltung stellte sich die Bauherrschaft, von einem grossen Haus in die Wohnung ziehend, als offen heraus. Die Küche haben die Gestalterinnen zum Wohnraum hin geöffnet, was zu einem lang gezogenen Raum mit Blick ins Grüne auf beiden Seiten führt. Statisch ein Kraftakt: Mit zwei Stützen und Stahlträgern wird die Last nun von oben getragen. Eine filigrane Rahmenkonstruktion aus dunkel getöntem Eichenholz kaschiert das Tragelement und dient gleichzeitig als Regal. Mit einer weiteren Massnahme vergrösserte man das Raumgefühl: Da die Wände in den Türbereichen nicht tragend sind, konnte bei allen Türen der Sturz herausgenommen werden, so wurden die Durchgänge und -blicke in der Höhe erweitert. Die Wandscheiben sind nun sichtbar, ein Hell-Dunkel-Muster der verschiedenen Flächen generierend.

Schreinerarbeit

Um die Wohnung flexibel zu gestalten, setzten Lieberherr und Camenzind auf ausgeklügelte Schreinerarbeiten. Die kompakte Wohnung versteckt so einiges: Im Ankleidezimmer steht neben dem grossen Kleiderschrank ein weiterer, der ein ausklappbares Gästebett beherbergt. An der Vorderseite des Einbaugestells im Wohnzimmer kann eine integrierte Leinwand für den Beamer wie ein Fensterrollo heruntergelassen werden. Im Betteinbau im Schlafzimmer findet sich so einiges integriert: Lautsprecher, Beleuchtung und diverse Ablagemöglichkeiten. Die Schreinerarbeiten ziehen sich durch die ganze Wohnung und bieten Stauraum in den Büroräumlichkeiten, in der Küche und im Wohnzimmer. Die feine Profilierung wird in allen Räumen aufgenommen. In der Küche findet sie sich als Holzgriffe auf Dunkelgrün, ansonsten sind die Holzleisten zur Strukturierung eingesetzt, das Licht-Schatten-Spiel auslösend. Einzig das Wohnzimmer ist durchgehend in Weiss und mit integrierten Griffleisten gehalten.

Die Verschalung der Stahlträger in der Küche dient nicht nur als Kaschierung, sondern auch als Regal, in dem die Lautsprecher untergebracht sind.

Konzept

Dieses Hell-Dunkel-Muster und diverse Grüntöne ziehen sich durch das ganze Objekt. Hell eingefärbter Kalkputz an den Wänden kontrastiert das dunkle Holz von Möbeldetails und dem geräucherten, naturgeölten Eichenparkett. Ein Anliegen der Bauherrschaft war eine Naturverbundenheit im dichten Block mit Sicht ins Grüne, die mit den Grüntönen des Waldes im Innern und einer wohltuenden Atmosphäre erreicht wird: Die feine Struktur der Wandoberflächen, ein eingefärbter Biokalkputz und die ebenso feine Struktur des mintgrünen fugenlosen Beton-Harmony-Spachtelbelags in den Bädern beruhigen das Auge. Ein japanisch angehauchtes Flair entsteht in der Küche durch hellgraue Oberflächen im Kontrast zum zurückhaltenden Grünton der Küchenschränke mit feiner Leistenstruktur. Im WC wurde das Naturthema mit eingepasster Wandtapete «Everyday moments: Fern forest» und darunter angebrachtem, farblich abgestimmtem Spachtelbelag aufgenommen. Am stärksten findet es sich jedoch im Schlafzimmer, wo die gesamte Gestaltung ausdrucksstark, aber mit beruhigender Wirkung daherkommt. Die Waldtapete «Foggy Fir Trees» unterstütze diese Wirkung. Die dunkelgrüne Kalkputz-Wandfarbe ergibt mit den passenden Schreinerarbeiten ein harmonisches Gesamtbild.

Im Arbeitszimmer steht ein langer Schreibtisch mit einer Linoleumeinsatzplatte in «smokey blue». Der Einbauschrank bietet Stauraum.

Die Architektinnen

Die beiden Architektinnen Isabelle Camenzind (links) und Prisca Lieberherr kennen sich schon lange und haben für dieses Projekt zusammengearbeitet. Lieberherr ist Inhaberin der Schneider Lieberherr Architekten GmbH. Sie deckt ein breites Tätigkeitsgebiet in verschiedenen Massstäben ab, von grossen Neubauprojekten und Umbauten bis zu kleinen Sanierungen. Das Büro von Isabelle Camenzind beschäftigt sich mit Neubauten und Umbauten, mit Fokus auf Innenarchitektur, Farbgestaltung und Interior Design.

isabellecamenzind.ch | schneiderlieberherr.ch

 

Im WC wurde das Waldthema mit der auf den Zentimeter eingepassten Wandtapete «Everyday moments: Fern forest» und dem darunter angebrachten, farblich abgestimmten Spachtelbelag aufgenommen.

 

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