Das Spiel mit der Dualität

In zwei Häusern gleichzeitig zu wohnen, ist eher ungewöhnlich. Zwei Hauptgründe führten zu diesem Entschluss.

Oben: Das Unterge­ schoss mit Wellness­ bereich verbindet die beiden Häuser. Dabei mutet die in die Böschung gearbeitete Terrasse wie ein Höh­ leneingang an. Rosti­ ger Stahl bildet für die Wände einen warmen Kontrast zum kühlen schwarzen Beton.
Oben: Das Unterge­schoss mit Wellness­bereich verbindet die beiden Häuser. Dabei mutet die in die Böschung gearbeitete Terrasse wie ein Höh­leneingang an. Rosti­ger Stahl bildet für die Wände einen warmen Kontrast zum kühlen schwarzen Beton.

Identisch, jedoch eigenständig muten diese zwei Häuser in der Walliser Gemeinde Lens an. Tatsächlich ist es ein Anwesen mit zwei Volumina, in denen eine Familie lebt. Das östlich gelegene Haus ist das Reich der Kinder. Im westlichen Gebäude wohnen hauptsächlich die Eltern. Beide Einheiten sind mit einem Untergeschoss verbunden, wo auch ein wesentlicher Bestandteil des Hausprogramms konzipiert ist. Doch weshalb will man in zwei nebeneinanderliegenden Gebäuden zu Hause sein?

Unten: Die Silhouette der beiden Häuser zeichnet sich durch eine strenge Linien­ führung aus. Zwei Quader mit Abschluss in Satteldachoptik bil­ den die rudimentäre Silhouette, während die Öffnungen aus gro­ ssen rechteckigen Ver­ glasungen bestehen. Das linke Haus ist der Bereich der Eltern, das Haus rechts ist das Reich der Kinder.
Unten: Die Silhouette der beiden Häuser zeichnet sich durch eine strenge Linien­führung aus. Zwei Quader mit Abschluss in Satteldachoptik bil­den die rudimentäre Silhouette, während die Öffnungen aus gro­ssen rechteckigen Ver­glasungen bestehen. Das linke Haus ist der Bereich der Eltern, das Haus rechts ist das Reich der Kinder.

Zu dieser Lösung führten zwei Hauptgründe. Das Architekturbüro Savioz Fabrizzi Architectes erklärt: «Die grösste Herausforderung bestand darin, das grosszügige Programm in die Nachbarschaft zu integrieren. Hinzu kam die Bauordnung, die eine maximale Grundfläche pro Haus vorschrieb. Deshalb haben wir das Raumprogramm in zwei Einheiten aufgeteilt.» So wurden vier Schlafzimmer, vier Badezimmer, fünf WCs, drei Küchen, ein Vorratsraum, vier Wohnzimmer, zwei Terrassen, eine Waschküche, ein Technikraum, ein Parkplatz mit Autolift, ein Wellnessbereich und Fitnessraum sowie eine Werkstatt in zwei Häusern mit zwei eigenen Etagen und einem verbindenden Untergeschoss verteilt. Zudem verfügt das Anwesen über einen Weinkeller mit Carnotzet–ein in der Romandie verwendeter Begriff für den Degustationsbereich. Diese Strategie bringt auch für die Zukunft einen grossen Vorteil, da die beiden Häuser unabhängig voneinander genutzt werden können, wenn das später einmal erwünscht sein sollte. Eine Erdwärmepumpe sowie eine gut wärmegedämmte Gebäudehülle tragen zu einem niedrigen Energieverbrauch bei. So entspricht die Architektur den Anforderungen eines Niedrigenergiegebäudes und ist mit dem Minergie-Label zertifiziert.

Schlichtheit umhüllt Komplexität

Von der Naturschönheit des Rhonetals geleitet, entwarfen die Architekten zwei Baukörper mit rudimentärer Silhouette, die sich aus je einem Quader und einem dreieckigen Prisma als Dach zusammensetzen. Die beiden Bauvolumen sind behutsam in den Hang eingesetzt. «Wir haben uns bemüht, die Landschaft so wenig wie möglich zu beeinträchtigen», erklärt Architekt Laurent Savioz. Dabei wirkt die Fassade aus schwarz eingefärbtem Sichtbeton wie ein Tarnkleid, das mit der Berglandschaft im Hintergrund zu verschmelzen scheint. «Wir haben uns in das Panorama verliebt, das war unsere Inspiration», schwärmt Laurent Savioz. «Wir haben gezielt übergrosse Fenster gewählt, um die fantastische Landschaft im Hausinneren hervorzuheben.» So ist auch der Garten mit weitläufiger Wiese und Bäumen schlicht gehalten, wobei zwei Terrassen wie lauschige Höhleneingänge hervortreten. Eine davon zählt zum Wellnessbereich und beherbergt einen Jacuzzi. Die Höhe der seitlichen Wände ist durch die Böschung vorgegeben. Die Wände spenden Schatten, bieten Sichtschutz und schirmen vor kalten Windzügen ab, sodass gemeinsame Aufenthaltsorte entstehen, die auch ideal sind, um den Ausblick auf das Tal zu geniessen oder malerische Sonnuntergänge zu bewundern.

Die Fensterfront, die sich über den doppelt hohen Raum erstreckt, bringt viel Sonnenlicht in die Stube des Eltern­ bereichs.
Die Fensterfront, die sich über den doppelt hohen Raum erstreckt, bringt viel Sonnenlicht in die Stube des Eltern­bereichs.
Das Spiel mit der Dualität
Vom Wohnizimmer mit weissem Sofa aus blickt man zur Küche mit Weitsicht auf das Tal.
Das Spiel mit der Dualität
So schlicht das Haus von aussen wirkt, so komplex ist die Raumgestaltung. Das verdeutlicht hier der Treppenbereich im Elternhaus
Das Spiel mit der Dualität
Im Haus der Kinder geht es vom Unter­geschoss, wo die Schlafzimmer sind, über eine Treppe zum Wohngeschoss, das hier mit knalligen Farben eingerichtet ist. Wei­ter hoch geht es zur Galerie, wo die Bau­herrschaft einen Schlafbereich eingerich­tet hat.

Das Spiel mit der Dualität

Im Elternhaus nimmt das Schlafzimmer mit Bad en Suite das Ober­geschoss ein. Die Bereiche lassen sich mit Schiebetüren trennen. Die Architekten haben das Glasgeländer statt aussen im Rauminneren platziert, sodass die gros­sen Fenster eine homogene Einheit mit der Fassade bilden und sich öffnen lassen.

Im Haus der Kinder geht es vom Unter­ geschoss, wo die Schlafzimmer sind, über eine Treppe zum Wohngeschoss, das hier mit knalligen Farben eingerichtet ist. Wei­ ter hoch geht es zur Galerie, wo die Bau­ herrschaft einen Schlafbereich eingerich­ tet hat.
Die Architekten bemühten sich, möglichst wenig in die natürliche Umgebung einzu­greifen. So fügen sich die Monolithen von allen Seiten galant in das Natur­panorama ein.

Das Spiel mit der Dualität

Die Form und das schwarze Kleid lassen die beiden Häuser wie mystische Granitblöcke anmuten.

Mit einer geradlinigen, einfachen Formensprache und einer Fassade aus rauem Sichtbeton verneigen sich die Bauten vor der umliegenden Natur. Im Kontrast dazu gestalteten die Architekten ein vielschichtiges, verwinkeltes Innenleben, das von doppelt hohen Räumen geprägt ist. Das erzeugt einerseits Spannung und ermöglicht andererseits, das gewünschte Raumprogramm zu verwirklichen, das den Bewohnern Privatsphäre und Geselligkeit gleichermassen zugesteht.

Aussen grob, innen geschmeidig

Die Innenwände sind ebenso aus schwarz eingefärbtem Sichtbeton, jedoch geschmeidiger in der Textur. Dazu kombinierten die Architekten massgefertigte Elemente aus rohem Stahlblech, sodass Wände und Einbauten eine fast homogene Einheit in sanfter Farbabstufung bilden, um die Öffnungen durch die grossformatigen Fenster noch mehr zu betonen und damit die Natur ins Haus zu holen. «Zwei weitere Materialien haben wir noch verwendet», erklärt Laurent Savioz. «Um einen Kontrast zum schwarzen Mineralbeton herzustellen und Wärme zu schaffen, haben wir Ulmenholz in den Küchen und rostigen Stahl im Aussenbereich verarbeitet.»

Das dunkle Kleid der Häuser ist eine Besonderheit der Architektur. Es lässt die Bauten wie mystische Granitblöcke anmuten. Die vielen grossen Öffnungen, das Sonnenlicht und das Beleuchtungskonzept sowie das mutige farbige Interieur besänftigen die strengen Züge der Architektur.

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