Welche Bedeutung hat das Bauhandwerkerpfandrecht im Vertrag?

Wenn ein Unternehmer auf dem Grundstück des Bauherrn Material verbaut, verliert er das Eigentum am Material, ohne dass es hierfür einer speziellen Eigentumsübertragung bedarf. Sobald das Material mit dem Boden fest verbunden wird, teilt es kraft des sachenrechtlichen Akzessionsprinzips das rechtliche Schicksal des Bodens und fällt ins Eigentum des Grundeigentümers. Der Unternehmer schafft damit durch seine Arbeit und das von ihm verbaute Material einen Mehrwert des Baugrundstücks. Dieser Mehrwert soll dem Unternehmer als Sicherheit für seine Werklohnforderung dienen, falls der Bauherr den Unternehmer ungerechtfertigterweise nicht bezahlt.

Welche Bedeutung hat das Bauhandwerkerpfandrecht im Vertrag?

Das Rechtsinstitut, das diesen Sachverhalt regelt, findet sich im Zivilgesetzbuch (ZGB) und nicht etwa im Obligationenrecht (OR). Es hat den sperrigen Namen «Bauhandwerkerpfandrecht» (nachfolgend nur noch «Baupfandrecht») und ist ein Instrument, das in der Praxis häufig angewendet wird, aber dennoch immer wieder (auch ganz grundlegende) Fragen aufwirft. Einige davon sollen hier beleuchtet werden.

Bauherr trägt das Risiko für Doppelzahlungen

Das Baupfandrecht kann sich zum Horrorszenario für den Bauherrn entwickeln, falls der Bauherr mit einem Generalunternehmer (GU) baut und dieser zahlungsunfähig wird. In einem solchen Fall können die Subunternehmer, die für ihre Werklohnforderungen vom GU nicht bezahlt wurden, ein Baupfandrecht auf dem Grundstück des Bauherrn eintragen lassen. Das selbst dann, wenn sie mit dem Bauherrn kein direktes Vertragsverhältnis haben und der Bauherr den GU für die betreffenden Bauleistungen bereits bezahlte. Wenn der Bauherr in einer solchen Situation die Zwangsverwertung seines Grundstücks abwenden will, muss er den Subunternehmer für seine ausstehende Werklohnforderung befriedigen. Der Bauherr trägt also das Risiko für eine Doppelzahlung, falls der GU insolvent wird. Um so wichtiger ist es, im GU-Vertrag für diesen unerfreulichen Fall Vorsorge zu treffen.

Allerdings ist es nicht ganz trivial, im GU-Vertrag wirksame Klauseln gegen Baupfandrechte von Subunternehmern zu verankern. Eine Verpflichtung des GU zur Ablösung von (vorsorglich) eingetragenen Baupfandrechten nützt nichts, wenn der GU selbst zahlungsunfähig ist. Er ist in einem solchen Fall gar nicht mehr in der Lage, Sicherheiten zu stellen. Wirksam dürfte hingegen eine genügend dimensionierte Erfüllungsgarantie (Bankgarantie auf erstes Verlangen) sein, die der Bauherr auch zur Absicherung gegen Baupfandrechte herbeiziehen darf. Ebenfalls ein probates Mittel ist ein Bautreuhandkonto. Damit wird sichergestellt, dass Zahlungen, die der Bauherr an den GU leistete, nur an Unternehmer fliessen, die auf dem Grundstück des Bauherrn Bauarbeiten geleistet haben. In der Praxis ist eine Kombination aus verschiedenen Vorkehrungen zu empfehlen.

Gerichte machen es den Unternehmern leicht

Die Gerichte machen es den Unternehmern leicht, ein Baupfandrecht provisorisch eintragen zu lassen. Im Verfahren auf vorsorgliche Eintragung muss der Unternehmer die Tatbestandsvoraussetzungen nur glaubhaft machen. Gelingt das, lässt das Gericht das Baupfandrecht vorsorglich eintragen (häufig sogar «superprovisorisch», das heisst ohne Anhörung des Grundeigentümers) und setzt dem Unternehmer eine Frist zur Einreichung der Klage auf definitive Eintragung. Erst in diesem zweiten Verfahren gilt die volle Beweisstrenge. Weil die Voraussetzungen für die vorsorgliche Eintragung derart niederschwellig sind, lohnt es sich für den Bauherrn in diesem summarischen Verfahren mit Beweismittelbeschränkungen nur dann, sich gegen die vorsorgliche Eintragung zu wehren, wenn er sofort mit Urkunden beweisen kann, dass die Voraussetzungen für ein Baupfandrecht nicht erfüllt sind.

Das Baupfandrecht wurde zum Schutz des Unternehmers im Gesetz verankert. Es kann den Unternehmer aber auch zum Missbrauch verleiten. Kommt es zu einem Vergütungsstreit mit dem Unternehmer, kann dieser versucht sein, durch die Eintragung eines Baupfandrechts den Bauherrn zusätzlich unter Druck zu setzen. Die Frage, ob der Bauherr einen Teil des Werklohns zu Recht nicht bezahlte und zurückhält (zum Beispiel weil der Unternehmer Mängel oder vertragswidrige Zusatzkosten verursachte), wird erst im Forderungsprozess entschieden, der grundsätzlich vom Prozess auf Eintragung des Baupfandrechts unabhängig ist und erst später folgt.

Heikle Abgrenzungsfragen beim Baurecht

Immer häufiger werden Gebäude im Baurecht erstellt. Das Baurecht bewirkt eine Durchbrechung des Akzessionsprinzips, und zwar dahingehend, dass der Bauberechtigte Eigentümer der im Baurecht erstellten Gebäude wird, während der Grundeigentümer Eigentümer des Bodens (der Stammparzelle) bleibt. Für das selbstständige und dauernde Baurecht kann ein eigenes Grundbuchblatt eröffnet werden. Das Baurecht, also die im Baurecht erstellte Baute, kann dann wie ein Grundstück gehandelt werden. In diesem Fall können sich heikle Abgrenzungsfragen stellen, wenn der Unternehmer ein Baupfandrecht eintragen will. Insbesondere stellt sich die Frage, ob das Baupfandrecht auf die Stammparzelle oder auf das Baurecht einzutragen ist. In der Lehre wird ohne nähere Begründung oft die Auffassung vertreten, das Baurecht sei mit dem Baupfandrecht zu belasten. Zutreffender dürfte eine differenziertere Betrachtung sein, die danach fragt, ob der Mehrwert der konkret erbrachten Bauleistung dem Stammgrundstück oder dem Baurecht zugutekommt.

Mehrwert muss nicht konkret sein

Obschon unbestritten ist, dass Bauleistungen grundsätzlich geeignet sein müssen, um dem Baugrundstück einen Mehrwert zu verschaffen, kommt es auf den konkreten Mehrwert gerade nicht an. Oft dürfte der Mehrwert nicht mit der Werklohnforderung des Unternehmers kongruent sein. Der Mehrwert kann höher oder niedriger sein als die Werklohnforderung, für die ein Pfandrecht eingetragen werden soll. Es sind darüber hinaus gemäss dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut zudem Bauleistungen pfandberechtigt, die keinen unmittelbaren Mehrwert schaffen, zum Beispiel Abbruch-oder Aushubarbeiten.

Die knappe Regelung des Baupfandrechts im Gesetz führt dazu, dass viele Fragen in der Lehre und in der Rechtsprechung konkretisiert und entschieden werden müssen. Immer wieder gibt es deshalb Überraschungen oder entscheiden die Gerichte bestimmte Fragen anders, als sie bis anhin in der Lehre beantwortet wurden. Für Spannung ist deshalb weiterhin gesorgt.

«Viele Fragen müssen in der Lehre und in der Rechtsprechung konkretisiert und entschieden werden.»

(Visited 173 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema