Nachgefragt: Wie kommt der Bauherr zum passenden Planervertrag

Was ist für den Bauherrn anspruchsvoller: ein geeignetes Grundstück für den Neubau seines Einfamilienhauses zu finden oder mit seinem Architekten den passenden Vertrag abzuschliessen? Beide Aufgaben sind anspruchsvoll, und der (zukünftige) Bauherr sollte sich sowohl für das eine als auch das andere genügend Zeit nehmen. Die Erfahrung zeigt, dass Bauherren dem Vertragsabschluss mit dem Planer respektive den Planern oft nicht die notwendige Aufmerksamkeit schenken. Der vorliegende Beitrag soll einige Aspekte der Vertragsanbahnung insbesondere mit dem Architekten beleuchten.

Wie kommt der Bauherr zum passenden Planervertrag?

Planerverträge können auch konkludent abgeschlossen werden

Verträge werden abgeschlossen, um Leistungsversprechen auszu­tauschen, um das Verhalten des Gegenübers zu normieren, vor­hersehbar und im Streitfall auch durchsetzbar zu machen. Planerverträge (als Überbegriff für den Architektenvertrag, den Ingenieurvertrag, den Vertrag mit dem Sanitärplaner usw.) sind im Gesetz nicht (ausdrücklich) normiert. Das Gesetz stellt deshalb für den Abschluss der­artiger Verträge auch keine Formerfordernisse (z. B. Schrift­lichkeit) auf. Und hier beginnen unter Umständen bereits die Tücken dieser Verträge. Da sie auch mündlich oder durch kon­kludentes Verhalten abgeschlos­sen werden können, ist den Parteien (oder allenfalls einer Partei) gelegentlich gar nicht be­wusst, dass bereits ein Vertrag abgeschlossen wurde.

Lässt ein (zukünftiger) Bauherr von einem Architekten Vorschlä­ge für die Überbauung seines Grundstücks machen, sollte vor­gängig geklärt werden, ob das für den Bauherrn kostenlos auf Akquisitionsbasis ist oder ob die Erstellung dieser Entwürfe entgeltlich ist. Mangels Verein­barung muss der Bauherr davon ausgehen, dass der Architekt nicht «gratis» arbeitet, sondern seine Dienstleistung gegen Ent­gelt erbringt.

Sorgfalt ist gefragt

Die Ausgangslage beim Ab­schluss eines Architektenver­trags kann sehr unterschiedlich sein. Man kennt sich seit Jahren, und nun möchte der Bauherr mit dem befreundeten Architekten bauen. Bei derartigen Umstän­den fehlt es oft an der erforder­lichen kritischen Distanz. Das gegenseitige Verhältnis ist von Vertrauen geprägt, und man un­terlässt es deshalb, vertraglich adäquate Vereinbarungen zu treffen, die auch für eine allfälli­ge «Schlechtwetterperiode» die erforderlichen Regeln vorgeben. Ein weiterer typischer Fall ist, wenn der Bauherr an einem oder mehreren Objekten eines be­stimmten Architekten Gefallen fand und nun für sich ebenfalls ein solches Werk planen und er­stellen lassen möchte. Hier gehen die Parteien die Zusammenarbeit oft sorgfältiger an, weil man sich noch nicht kennt und sich absichern möchte. Immer öfter kommt es vor, dass Bauherren auch bei kleineren Projekten, wenn es beispielsweise um die Projektierung eines Einfamilienhauses geht, einen Wettbewerb veranstalten und mehrere Architekten einladen, Vorschläge zu machen. Die Vertragsfreiheit lässt für die Konditionen eines derartigen Vorgehens verschiedene Ausgestaltungen zu.

Der (zukünftige) Bauherr sollte sich auf jeden Fall bewusst sein, dass ihn eine anspruchsvolle Aufgabe erwartet und dass er als Bauherr nicht einfach alle Verantwortung an seine Planer delegieren kann. Hilfreich in dieser Hinsicht ist die neue SIA-Norm 101 «Ordnung für Leistungen der Bauherren». Sie umschreibt, was es bedeutet, Bauherr zu sein, und welche Aufgaben und Verantwortungen auf den Bauherrn zukommen.

Oft schliessen die Parteien den Architektenvertrag erst dann schriftlich ab, wenn der Architekt ein Vorprojekt vorgelegt hat, das dem Bauherrn gefällt, und der Bauherr beschlossen hat, dieses Projekt zu realisieren. Es wäre jedoch falsch zu glauben, bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Parteien keinen Vertrag abgeschlossen (vgl. oben). Mangels individueller vertraglicher Vereinbarung gelten für dieses Vertragsverhältnis dann ausschliesslich die gesetzlichen Bestimmungen. Es mag deshalb verlockend erscheinen, den Vertrag erst dann schriftlich abzuschliessen, wenn sich die Absicht zur Zusammenarbeit konkretisiert hat. Allein bis zu diesem Zeitpunkt gelten dann rechtliche Spielregeln, die nicht für die konkreten Verhältnisse massgeschneidert sind oder mit denen die Parteien gar nicht rechneten.

«Die neue Ordnung SIA 101 erläutert, was es bedeutet, Bauherr zu sein.»

Anspruchsvolle Vertragsredaktion

In der Regel überlässt es der Bauherr dem Architekten, einen ersten Vertragsentwurf vorzulegen. Die Architekten greifen dabei gern auf bestehende Vertragsvorlagen zurück, sei es der Formularvertrag des Schweizerischen Ingenieur-und Architektenvereins (SIA) oder sei es eine an die spezifischen Verhältnisse des Büros angepasste Vertragsvorlage. Dem Architekten kommt dabei eine besonders grosse Verantwortung zu. Aufgrund der umfassenden Sorgfalts-und Treuepflicht des Beauftragten gegenüber dem Auftraggeber muss der Architekt den Bauherrn zum Beispiel auch auf (für den Bauherrn) nachteilige Vertragsklauseln aufmerksam machen. Unterlässt er das, riskiert der Architekt später allenfalls den Vorwurf einer (vorvertraglichen) Vertragsverletzung.

Die Formulierung von Planerverträgen ist gerade deshalb anspruchsvoll, weil das zu bearbeitende Projekt oft erst in den Grundzügen bekannt ist und der Umfang der Planungsleistung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur ansatzweise abgeschätzt werden kann. Eine der schwierigsten Aufgaben ist deshalb einerseits die Umschreibung der geschuldeten Planerleistung und andererseits die Festlegung einer adäquaten Vergütung.

Vorsicht bei Formularverträgen

Formularverträge, wie zum Beispiel die Lohn-und Honorarordnungen des SIA, haben den Vorteil, dass sie sich in der Praxis bewährt haben. Sie vermitteln aber den Anschein der Vollständigkeit (die in Tat und Wahrheit fehlt) und verleiten die Parteien dazu, sich keine weitergehenden Überlegungen zu der Frage zu machen, welche konkreten Vereinbarungen für das spezifische Vertragsverhältnis zusätzlich zum bereits vorgegebenen Inhalt wichtig wären.

Der zukünftige Bauherr sollte nicht nur die allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) solcher Formularverträge zumindest in den Grundzügen kennen. Er sollte sich auch über die wichtigsten AVB der Bauwerkverträge, die SIANorm 118, informieren und bestimmen, wer für die Formulierung der Unternehmerwerkverträge zuständig ist. Oft überlassen die Bauherren dieses Feld vollständig ihrem Planer oder ihrer Bauleitung, geradezu erleichtert, sich darum nicht auch noch kümmern zu müssen. In der Praxis werden sehr häufig unzulängliche Werkverträge abgeschlossen, die später Anlass zu Rechtsstreitigkeiten geben. Kommt hinzu, dass die Planer in der Regel nicht dafür ausgebildet sind, juristisch einwandfreie Werkverträge zu formulieren.

«Der Bauherr ist der oberste Entscheidungsträger eines Bauvorhabens. Diese Funktion ist nicht delegierbar.»

Ordnung SIA 101, Art. 2.4 Abs.1

Die im August 2020 erstmals publizierte SIA-Norm 101 «Ordnung für Leistungen der Bauherren» gibt dem Bauherrn eine wertvolle Übersicht über die von ihm erwarteten Leistungen im Rahmen der Organisation, der Projektierung und der Realisierung eines Bauvorhabens. Das Abfassen der Verträge insbesondere mit dem Architekten, den weiteren Planern und den Unternehmern wird darin leider nur am Rande erwähnt, obschon das erfahrungsgemäss grossen Einfluss auf den Erfolg eines Bauprojekts hat. Dem Bauherrn ist zu empfehlen, bereits für den Vertragsabschluss mit dem Architekten und den Unternehmern einen versierten Baujuristen beizuziehen; eine juristische Beratung in dieser Phase ist mit überschaubaren Kosten verbunden. <<

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