Der Wunsch nach einem Zimmer mehr

Steigender Platzbedarf sowie das Bedürfnis nach schönen Aussenräumen und Privatsphäre befeuern die Nachfrage nach Einfamilienhäusern. Viele Haushalte haben bereits die Konsequenzen gezogen: 2020 gab es in der Schweiz mehr Einfamilienhaus-Transaktionen als in den Jahren davor. Davon profitieren auch die Schweizer Tourismusgebiete.

Der Wunsch nach einem Zimmer mehr

Neubautätigkeit bedient die Bedürfnisse vieler Familien nicht mehr.
Neubautätigkeit bedient die Bedürfnisse vieler Familien nicht mehr.                                                                                                                                Grafik 1: Stockwerk­eigentum­Transaktionen (STWEG) von Neubau­projekten nach Zimmergrösse (in %)                                                                    Quelle: Swiss Real Estate Data Pool (SRED)
Der grosse Ansturm auf Einfamilienhäuser auf dem Land.
Der grosse Ansturm auf Einfamilienhäuser auf dem Land.                                                                                      Grafik 2: Einfamilienhaus­Transaktionen im Jahr 2020 nach Gemeinde­typologie (% Vorjahr)              Quelle: Swiss Real Estate Data Pool (SRED)

Die meisten von uns platzen aus allen Nähten. Das ist aber nicht den vielen Süssigkeiten oder dem üppigen Essen über die Weihnachtszeit geschuldet. Vielmehr stossen etliche Haushalte platztechnisch an ihre Grenzen. Diente das Zuhause in früheren Zeiten im Extremfall bloss als Schlafstätte, wird es inzwischen als Büro oder Schulzimmer genutzt und ist sogar Ersatz fürs Yoga-oder Fitnessstudio. Wer sehnt sich da nicht nach einem zusätzlichen Zimmer, genügend Stauraum und einem geeigneten Grundriss dafür? Hinzu kommt, dass Aussenräume mit Entspannungsfaktor und Privatsphäre in den letzten Monaten einen hohen Stellenwert erhalten haben. Diese Gründe sprechen gerade bei Familien für ein Einfamilienhaus.

Bei Neubauprojekten haben es Familien schwer, diese Bedürfnisse zu stillen. Der Wohnbau konzentrierte sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr auf den Bau kleinerer Wohnungsgrössen. Wurden in der Schweiz vor 20 Jahren vorwiegend 4-und 5-Zimmer-Wohnungen gebaut, sind es heute hauptsächlich 3-und 4-Zimmer-Wohnungen–häufig sogar nur 2-Zimmer-Wohnungen. 5-Zimmer-Wohnungen erscheinen hingegen immer seltener in der Baupromotion, neue Einfamilienhäuser sind rar geworden. Daran dürfte sich auch in Zukunft nicht viel ändern, werden doch die beiden strukturellen Trends Urbanisierung und Überalterung die Anzahl Singlehaushalte weiter erhöhen. Aus Renditeüberlegungen dürfte sich weiterhin mancher Entwickler für den Bau einer 2-oder einer 3-Zimmer-Wohnung anstelle einer 5-Zimmer-Wohnung entscheiden. Wer sich heute als Familie ein zusätzliches Arbeitszimmer wünscht, muss in den Verkaufsangeboten bestehender Liegenschaften fündig werden. Das führt zu einem regelrechten Ansturm auf zusehends ältere Einfamilienhäuser.

Einfamilienhauskäufe auf Rekordhoch

Der Traum vom eigenen Einfamilienhaus ging im vergangenen Jahr dennoch häufiger in Erfüllung als auch schon. Konkret gab es in der Schweiz trotz anspruchsvollen Bedingungen aufgrund der Pandemie, wie der erschwerten Durchführung von Besichtigungen, rund 5 Prozent mehr Einfamilienhaus-Transaktionen als im Jahr 2019. Das entspricht sogar einem 8-Jahres-Hoch. Man könnte vermuten, dass das Angebot an Einfamilienhäusern gestiegen ist, weil nun viele Babyboomer das Rentenalter erreichen und ihre Wohnsituation dem dritten Lebensabschnitt anpassen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Eine Analyse unserer Kundenbasis über die gemeldeten Umzüge zeigt vielmehr, dass ältere Personen im vergangenen Jahr seltener umgezogen sind. Sie warten die weitere Entwicklung der Pandemie ab. Insbesondere Betagte zögern den Übertritt ins Altersheim hinaus, machten diese doch aufgrund gehäufter Corona-Infektionen sowie zeitweiser Besuchsverbote negative Schlagzeilen. Die Anzahl neu aufgeschalteter Inserate auf Homegate bestätigt, dass nicht mehr, sondern weniger Einfamilienhäuser zum Verkauf ausgeschrieben waren. Offenbar liessen sich in der aktuellen Situation Einfamilienhäuser verkaufen, die unter normalen Umständen zumindest bei diesen Preisen keinen Käufer gefunden hätten.

Homeoffice in der neuen Ferienwohnung

Käufer waren aber nicht weniger wählerisch, ganz nach dem Motto «Hauptsache ein Einfamilienhaus». Sie waren bereit, auf ländlichere Gebiete auszuweichen, was sicher auch durch das zeitweise Arbeiten von zu Hause begünstigt wurde. Zudem leisteten sich wieder mehr Haushalte den Luxus eines Ferienhauses, und so arbeitete man vielleicht zeitweise in den Bergen mit häufig bester 5G-Highspeed-Internetverbindung. Damit wurde der Überhang an Zweitwohnungen, die sich im Vorfeld der Zweitwohnungsinitiative mancherorts aufgetürmt hatten, etwas abgebaut. Bei der Mikrolage, also den Standortfaktoren in der unmittelbaren Umgebung in Bezug auf Lärm, Besonnung und Infrastruktur, machten die Käufer hingegen keine Abstriche. In der Tendenz war die Mikrolage bei den Transaktionen im Jahr 2020 sogar besser als im Jahr davor.

Wir befinden uns derzeit in einer Extremsituation. Bleibt vermehrtes Arbeiten von zu Hause aus aber auch in Zukunft zumindest teilweise erhalten, werden sich die Ansprüche an die Wohnsituation nachhaltig ändern. Die Veränderungen bei den letztjährigen Transaktionen geben einen Vorgeschmack, wie das den Immobilienmarkt prägen wird. Einfamilienhäuser erfahren eine gewaltige Nachfrage, insbesondere in ländlichen Gebieten sowie an Feriendestinationen.

«Der Traum vom Einfamilienhaus ging 2020 häufiger in Erfüllung.»

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