Bei Hypotheken zählen hierzulande Planbarkeit und Sicherheit

Die Entwicklung an der Zinsfront betrifft uns alle als Konsumenten, Sparer, Anleger und auch Immobilienbesitzende. Für Letztere gilt: wer von stark steigenden Zinsen ausgeht, fährt mit einer Festhypothek gut. Beim Glauben an weiterhin tief bleibende Zinsen lohnt sich dagegen eine Geldmarkthypothek. Nicht schlecht fährt man auch mit einem Mix.

Die Zinsen für Hypotheken sind in jüngster Vergangenheit auf den höchsten Stand seit 2018 geklettert, Tendenz weiter steigend. Viele Marktbeobachter erwarten allerdings, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins bis Ende 2022 nicht anheben wird. Die SNB selber hat an ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung Ende März bekannt gegeben, die Zinsen nicht antasten zu wollen und den Negativzins bei rekordtiefen -0.75 Prozent zu belassen. Damit ist ein wesentlicher und rasanter Anstieg der Hypothekarzinsen weiterhin sehr unwahrscheinlich.

Bei Zinsschwankungen besonnen bleiben
Doch zunächst noch eine Begriffsklärung. In der Schweiz sind vor allem drei Hypothekarmodelle geläufig: variable Hypothek, Fest- und Geldmarkthypothek. Bei der variablen Hypothek wird der Zins regelmässig dem Markt angepasst, der Zinssatz ist in der Regel höher. SARON-Hypotheken sind  ähnlich wie Festhypotheken an Rahmenverträge mit meist einer Dauer von drei oder fünf Jahren geknüpft. Bei Festhypotheken beträgt die Laufzeit mindestens ein Jahr. Im Markt gefragt sind vor allem Hypotheken mit drei bis zehn Jahren, auch wenn Laufzeiten bis 20 und mehr Jahre angeboten werden. Eine Hypothek, die für alle passt, gibt es allerdings nicht.

Generell sollten sich Hypothekarnehmerinnen und -nehmer von kurzfristigen Schwankungen bei den Zinsen nicht verunsichern lassen. Denn wie bei Aktien gilt auch beim Abschluss oder der Verlängerung von Hypotheken: kühlen Kopf bewahren statt panikartig und unüberlegt handeln.  Wer trotz beunruhigenden Nachrichten über den Anstieg der Hypothekarzinsen die Nerven behält und eine günstige Geldmarkthypothek (SARON) nicht Hals über Kopf in eine meist teurere Festhypothek umwandelt, profitiert von einem weiterhin sehr tiefen Geldmarktzins. Der SARON-Zinssatz wird dabei täglich ermittelt und ändert somit auch jeden Tag.

Hohes Einsparpotenzial mit Geldmarkthypothek
Der effektiv zu leistende Zinssatz kann beim SARON deshalb erst beim Erreichen des Zinstermins berechnet und bekannt gegeben werden. Dabei setzt sich der Zinssatz aus einem aufgezinsten Basiszinssatz (SARON) und einem individuellen Zuschlag zusammen. Der Zuschlag bleibt während der gesamten Laufzeit der SARON-Hypothek unverändert. Sollte man später doch in eine Festhypothek wechseln wollen, besteht bei den meisten Banken ein einmaliges Umwandlungsrecht in ein anderes angebotenes Hypothekarprodukt im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Laufzeit.

Die Erkenntnis aus der Analyse der Zinsentwicklung über die vergangenen 40 Jahre zeigt: Mit einer Geldmarkthypothek lässt sich viel Geld sparen. Lediglich Ende der 1980-er Jahre und für kurze Zeit (2004 bzw. 2005) war eine fünfjährige Festhypothek günstiger als die damalige Libor-Hypothek, welche im letzten Jahr durch die SARON-Hypothek abgelöst wurde. Wer beispielsweise im April 2012 eine zehnjährige Festhypothek zu 2,3 Prozent abgeschlossen hat, zahlte bei einem Darlehensbetrag von 500’000 Franken in den letzten zehn Jahren insgesamt 115’000 Franken Zinskosten. Im gleichen Zeitraum beliefen sich die Zinskosten (Annahme: Durchschnittszins 1,3%) für eine Geldmarkt-Hypothek 65’000 Franken und damit gerade mal fast die Hälfte.

Sicherheit, preisliche Attraktivität oder Flexibilität?
Allen günstigeren Konditionen zum Trotz ist und bleibt die Festhypothek des Schweizers Liebling unter den Hypothekarmodellen. Rund 80 Prozent aller Hypotheken in der Schweiz haben einen fixen Zinssatz. Wenn wir über die Landesgrenze hinaus blicken, zeigt sich: Festhypotheken sind vor allem in Mitteleuropa und Japan beliebt, variable Hypotheken in Grossbritannien, Südeuropa und Australien.

Eigenheimbesitzer wollen mit einer Festhypothek offenbar Planungssicherheit und nicht ständig das Marktgeschehen beobachten müssen. Es kommt dazu, dass die Zinsen seit Jahren extrem tief sind. Eine Trendumkehr und damit höhere Zinsen werden immer wahrscheinlicher, weil erfahrungsgemäss auf Tiefzins- meist Hochzinsphasen folgen und umgekehrt. Einige Hausbesitzer mögen sich vermutlich noch an jene Zeiten erinnern, als der Zinssatz bei Festhypotheken um die Jahrtausendwende bei rund 5 Prozent lag. Auch diese Angst schwingt unterschwellig mit.

Der Entscheid für eine Fest- oder Geldmarkthypothek hängt letztlich also damit zusammen, ob Hypothekarnehmer das aktuelle Zinsniveau für die Zukunft absichern und dadurch Planbarkeit und Budgetsicherheit gewinnen möchten. In diesem Fall empfiehlt sich eine Festhypothek. Wer aber von den attraktiven SARON-Zinsen profitieren möchte und bereit ist, einen allfälligen Zinsanstieg in Kauf zu nehmen, der sollte sich für eine SARON-Hypothek entscheiden. Denn mit einer länger laufenden Festhypothek sind Kunden auch länger an die Bank gebunden. Es stellt sich somit auch die Frage zwischen Sicherheit oder Flexibilität.

Grundsätzlich gilt immer noch: Wer einen allfälligen Zinsanstieg während längerer Zeit problemlos finanziell verkraften kann, sollte zumindest einen Teil der Kreditsumme in Form einer immer noch sehr günstigen Geldmarkthypothek abschliessen. Solche Kredite waren in den letzten 20 Jahren praktisch immer die günstigste Form zur Finanzierung von Wohneigentum.

Persönliche Situation ist entscheidend
Die Wahl des passenden Hypothekarmodells sowie die Aufsplittung in verschiedene Laufzeiten hängen in erster Linie von den kurz- und langfristigen Bedürfnissen, der Risikobereitschaft, den finanziellen Möglichkeiten und von der persönlichen Situation (berufliche Aussichten, Alter, Kinderwunsch, Vermögen etc.) sowie von den Zinsaussichten ab. Hypotheken auf verschiedene Tranchen aufzuteilen, macht noch immer Sinn. Denn damit kann man beim Ablauf der Produktlaufzeit ausschliessen, dass das ganze Volumen beispielsweise in einem hohen Marktzinsniveau erneuert werden muss. Der Nachteil: Ein Wechsel des gesamten Darlehens zu einer anderen Bank ist schwieriger.

Festhypotheken lohnen sich insbesondere für Kreditnehmer, die eine Planbarkeit und eine gleich bleibende Zinsbelastung schätzen. Bei einer Geldmarkthypothek trägt der Kreditnehmer das Risiko einer Zinsänderung selber. Historisch betrachtet fielen Geldmarkt-Hypotheken mit wenigen Ausnahmen günstiger aus als Festhypotheken.

Wie wird der SARON berechnet?
Der SARON (Swiss Average Rate Overnight) ist ein seit 2009 von der Börsenbetreiberin SIX (Swiss Exchange) berechneter Referenzzinssatz. Dieser wird täglich aufgrund von mehr als 150 tatsächlichen Geldmarkt-Transaktionen von Banken und Versicherungen ermittelt. Ein Filter schliesst mögliche Ausreisser aus. Der SARON wird jeweils direkt nach Handelsschluss (18.00 Uhr) von der SIX publiziert.

Die Zinsberechnung erfolgt auf Basis der einzelnen SARON-Tagessätze. Der täglich durch die SIX neu festgesetzte SARON-Tagessatz wird dabei während der Dauer der Zinsperiode mit Zinseszins aufgerechnet. Alles zum SARON finden Sie auf www.raiffeisen.ch/saron. Weitere Informationen zur Berechnung des aus Tageszinssätzen zusammengesetzten SARON-Zinssatzes (SARON compound) finden Sie auf der Website von SIX.

Pius Schärli – Senior-Experte Gruppekommunikation Raiffeisen Schweiz Genossenschaft
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