Mut zum Wandel
Wenn man den Mut aufbringt, einen Sachverhalt aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, hat man endlich die Möglichkeit, dem wahren Problem auf den Grund zu gehen und damit eine zufriedenstellende Antwort zu finden, nicht wahr? Die Lösung für diese Badge staltung forderte ebenso die Sichtweise der Eigentümer heraus.

Ein Wasserschaden führte die Bauherrschaft aus dem Kanton Bern zu Arabelle Althaus, der Innenarchitektin ihres Vertrauens, mit der sie bereits ihren ersten Umbau realisiert hatte. «Als ich den Wasserschaden begutachten sollte, standen wir im Badezimmer. Und der Bauherr fragte mich, ob der Maler mit einem Neuanstrich frischen Wind ins Bad bringen könne», erinnert sich Arabelle Althaus. Im Gespräch sei jedoch schnell klar geworden, dass nicht die Farbe das Problem gewesen sei. Die Eigentumswohnung verfügte über zwei Nasszellen älteren Semesters: eine grosse mit Badewanne und eine kleine mit Dusche. Beide unmittelbar nebeneinander. «Der Bauherr fühlte sich allgemein unwohl in diesen Badezimmern, denn sie waren nicht funktional. Sowohl er als auch seine Frau nahmen selten ein Bad, die Dusche aber nutzten sie täglich», führt die Innenarchitektin weiter aus. Wochen verstrichen, bis das Paar beschloss, die Badezimmer neu zu gestalten und die Innenarchitektin zu beauftragen, Vorschläge auszuarbeiten. Die Bauherrschaft entschied sich für die Neugestaltung, weil sie das Bad noch viele Jahre nutzen mochte und es von nun an auch täglich Freude bereiten sollte. «Manchmal muss man eine Idee auf sich wirken lassen», sagt Arabelle Althaus. Die Entscheidungsfindung sei immer ein Prozess.

Funktionalität im Fokus
Die zwei Nasszellen fügte die Innenarchitektin zusammen, indem sie eine Wand herausnahm. So formte sie ein neues Badezimmer mit barrierefreier Dusche und einem WC, das von zwei Seiten zugänglich ist. Zwischen WC und Bad setzte Arabelle Althaus eine sogenannte Pivot Tür ein. Eine raumhohe Tür, die sich geschlossen als Wand tarnt. Öffnet man sie, schwingt sie um ihre asymmetrisch liegende Achse. Diese praktische und sogleich elegante Lösung trug wesentlich dazu bei, dass das insgesamt 8,5 Quadratmeter grosse Bad noch grosszügiger wirkt. Schliesst man die Pivot Tür ab, kann das WC durch die zweite Tür vom Korridor aus betreten und so von den Gästen ungestört genutzt werden. Bis die Innenarchitektin zu dieser Lösung kam, spielte sie alle möglichen Varianten durch; denn erst wenn man alle Möglichkeiten durchgespielt habe, merke man, was am besten passe. «Es braucht diesen Prozess, und diesen Prozess muss man wagen. Wichtig ist, dass man zuerst immer funktional denkt», ist Arabelle Althaus überzeugt, denn sie weiss, dass viele den Mut nicht aufbringen, einen Raum neu zu denken und beispielsweise, so wie bei diesem Projekt, eine Wand zu durchbrechen.

Wenn die Innenarchitektur den Lebensstil reflektiert
Die massgefertigte Schwingtür verschmilzt farblich nahtlos mit der Wand mit grossem rundem Spiegel. Der weisse Doppelwaschtisch ist von schmalen schlammfarbenen Platten gerahmt, ebenso die Dusche. Waschbecken und Duschtasse sind aus fugenlosem Verbundwerkstoffauf Mass gefertigt. Die Innenarchitektin verwendete mehrheitlich natürliche und nachhaltige Materialien. Die Wahl der Werkstoffe und das reduzierte Design widerspiegeln dabei die Werte der Bauherrschaft. «Als ich das Ehepaar kennenlernte, um einen ersten Umbau durchzuführen, war die Wohnung sehr überstellt», erzählt Arabelle Althaus. Beim ersten Umbau habe die Bauherrschaft bereits viel aussortiert. Beim zweiten Umbau noch viel mehr, sodass sie heute nur noch 22 Gegenstände besitzt. «Der persönliche Wandel zum Minimalismus als Lebensstil fand gleichzeitig mit den Umbauphasen statt. Es war spannend zu erleben, wie sich die Bauherrschaft dadurch intensiver mit den Materialien auseinandersetzte und deshalb grossen Wert auf Qualität legte. Wie sich mit ihrem neuen Lebensstil auch die Architektur veränderte. Wir haben uns in dieser Zeit gegenseitig inspiriert», berichtet die Innenarchitektin. So ist beispielsweise der Boden der Wohnung mit Douglasie verlegt, dieses Holz duftet über Jahre hinweg intensiv. Die gewählten Materialien durften auch eine Patina bekommen. Es stört die Bauherrschaft deshalb nicht, wenn der Boden durch ihren Hund verkratzt wird. Das Farb und Materialkonzept kam also im Zusammenspiel mit der Bauherrschaft zustande. Inspirationen im Alltag, im Job und aus Magazinen waren weitere Puzzleteile für das Gesamtergebnis. Im ganzen Haus bilden beige und dezente Farbtöne die Basis, nur das Schlafzimmer und die offen konzipierte Ankleide sind in Dunkelblau gestrichen. Das als Kontrast zum hellen Boden, aber auch als Zonierung des privaten Bereichs.
Jeder Raum in dieser Wohnung, so auch das Badezimmer, ist puristisch gehalten. Weniger ist mehr das ist nicht nur die neue Lebensphilosophie der Bauherrschaft, sondern ebenfalls der Leitsatz der Innenarchitektin, wenn es um die Badgestaltung geht: «Wenn man sich auf die Dinge beschränkt, die man wirklich braucht, benötigt man im Alltag zudem weniger Zeit zum Aufräumen. Das allein macht schon zufriedener.»
