Wohnlich und Nachhaltig: Bauen mit Holz
Holzbau gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der nachwachsende und umweltfreundliche Rohstoff Holz überzeugt mit seinen technischen Eigenschaften, aber auch mit der Behaglichkeit, die er im Wohnraum schafft. Bernhard Furrer, Technischer Leiter beim Verband Lignum, verrät, was Bauherrschaften über Holzhäuser wissen müssen.

Bernhard Furrer, warum eignet sich Holz als Baustoff für Einfamilienhäuser ?
Die haptischen und technischen Qualitäten von Holz machen es zu einem sehr geeigneten Baustoff. Ein grosser Vorteil von Holzhäusern ist das behagliche Raumklima. Holz kann Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Ausserdem ist es ein warmes Material, das man gerne anfasst. Deshalb fühlen sich viele Menschen gerade in einem Holzhaus sehr wohl. Darüber hinaus ist Holz ein nachhaltiger Rohstoff.
Was macht Holzbau so nachhaltig?
Der Rohstoffverbrauch der Baubranche ist so hoch, dass die Sandvorräte für die Herstellung von Beton weltweit knapp werden. Holz hingegen wächst direkt vor unserer Haustür nach. Bäume binden beim Wachstum CO₂ aus der Luft. Wenn Sie ein Holzhaus bauen, lagern Sie sozusagen das gespeicherte Kohlendioxid ein und reduzieren dadurch die schädlichen Substanzen in der Atmosphäre, die zur Erderwärmung beitragen. Andererseits hat Holz eine sehr günstige Ökobilanz. Dies gilt insbesondere für den Gesamtenergieverbrauch, die graue Energie sowie das Treibhausgas-Potenzial. Die graue Energie ist ein Faktor, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es handelt sich um die Energie, die man zur Erstellung des Gebäudes braucht, samt allen Transportwegen und Produktionsschritten. Holzprodukte benötigen sehr wenig Energie in der Herstellung und Verarbeitung – ganz im Gegensatz zu den energieaufwendigen Verfahren zur Gewinnung und Produktion von Stahl und Beton. Und Holz aus der Region muss auch keine langen Transportwege zurücklegen.
Haben wir überhaupt genug Holz ?
Auf jeden Fall. In der Schweiz wachsen pro Jahr etwa 10 Millionen Kubikmeter Holz nach. Wenn wir von einer Bevölkerung von 10 Millionen ausgehen, hat jede Person pro Jahr 1 Kubikmeter Holz zur Verfügung. Für ein Einfamilienhaus braucht es rund 25 Kubikmeter, also könnte sich jeder einzelne Mensch in der Schweiz alle 25 Jahre ein Holzhaus bauen.
Natürlich wird auch Holz für die Herstellung von Papier, Möbeln usw. oder zum Heizen gebraucht, aber wir sind sozusagen eine 1-Kubikmeter-Holz-Gesellschaft – analog zur 2000-Watt-Gesellschaft.
Wie unterscheiden sich die Planungs- und Realisierungsphasen eines Holzhauses von derjenigen eines Massivbaus ?
Ein wesentlicher Unterschied ist, dass man im Holzbau sehr genau plant. Man konstruiert digital ein dreidimensionales Modell mit sämtlichen Wandaufbauten und Bauteilanschlüssen. Die Planungsphase ist daher intensiver als beim Massivbau. Dank einer frühen Zusammenarbeit mit Holzbauspezialisten können holzbaugerechte und wirtschaftliche Projekte geplant werden. Danach werden die Bauteile von Maschinen exakt zugeschnitten, und aus diesen werden grossformatige Elemente vorgefertigt. Dank der Vorfertigung sind Holzgebäude schnell errichtet und bezugsbereit.
Gibt es unterschiedliche Holzbauweisen ?
Ja. Die meistangewendete Bauweise ist der Holzrahmenbau. Dabei wird ein tragendes Gerippe erstellt und von beiden Seiten mit aussteifenden Holzwerkstoff- oder Gipsplatten beplankt. Zwischen diesen Platten wird die Wärmedämmung eingebracht. Dieses Kompaktsystem erfüllt die Anforderungen an Schall- und Wärmeschutz sehr gut, und das bei schlanker Konstruktion, was wiederum mehr Platz für den Wohnraum übrig lässt. Es ist aber auch eine Massivholz-Bauweise möglich, wobei sie bei kleinen Bauten aber eher selten anzutreffen ist.
Welches Holz wird dabei verwendet ?
Im Bereich von Einfamilienhäusern ist es mehrheitlich Fichte. Dieses Holz ist in grossen Mengen verfügbar, einfach zu bearbeiten und hat eine sehr gute Tragfähigkeit, verglichen mit seinem Eigengewicht. Bei sehr hohen statischen Lasten wird manchmal Laubholz verwendet, aber bei Einfamilienhäusern ist dies kaum je der Fall. Wenn eine unbehandelte Holzfassade vorgesehen ist, kommen meistens Lärche oder Eiche zum Einsatz, da sie noch etwas witterungsbeständiger sind als Fichte. Bei der Auswahl von Holzoberflächen für den Innenausbau, beispielsweise für Parkett, ist die Bauherrschaft natürlich frei.
Sieht man einem Holzhaus immer an, dass es ein Holzhaus ist ?
Nein, das ist optional. Im Moment ist es eher im Trend, das Holz sichtbar zu machen. Man wünscht sich diese warmen und behaglichen Holzoberflächen. Mehrheitlich sind die Innenräume jedoch weiss verputzt.
Grundsätzlich kann man einen Holzbau sowohl mit einer Holzfassade als auch mit einer anderen hinterlüfteten Fassade, zum Beispiel aus Glas oder Eternit, versehen oder verputzen. Die Wand- und Bodenbeläge im Innenraum sind auch beim Holzhaus frei wählbar, je nach Geschmack.
Gehen wir auf ein paar Vorurteile ein: Ist ein Holzhaus automatisch ein Fertighaus, oder kann man es individuell planen ?
Man kann Holzhäuser auf jeden Fall sehr individuell planen. In der Schweiz wird es grösstenteils so gemacht, weil man das Haus immer optimal in die Topografie des Grundstücks integrieren will. In Deutschland ist die Fertighaus-Industrie viel grösser.
Wie ist es bei Holzhäusern um den Brandschutz bestellt ?
Vor Hunderten von Jahren, als Holz der Hauptbaustoff war, gab es die grossen Stadtbrände. Aus diesem Grund war es lange Zeit nicht erlaubt, Häuser aus Holz zu erstellen. Seither hat sich der Holzbau aber sehr stark weiterentwickelt. Es wurde sehr viel in Forschung, Entwicklung und Produktionsprozesse investiert, sodass Holzbau seit etwa 30 Jahren wieder im Aufschwung ist. Das Brandverhalten von Holz wurde detailliert untersucht und ist heute bekannt. Aufgrund der guten Erfahrungen wurden die Brandschutzvorschriften schrittweise gelockert. Vorschriften regeln, wie lange ein Bauteil dem Feuer standhalten muss, bevor Einsturzgefahr besteht. Ein grosser Vorteil ist, dass Holzkonstruktionen im Gegensatz zu Stahl auch unter Einfluss von sehr hohen Temperaturen tragfähig bleiben.
Wird es im Sommer in einem Holzhaus nicht sehr heiss ?
Hier spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Man unterscheidet die verschiedenen Bauweisen nach ihrer Wärmespeicherkapazität, die bei einem Holzbau geringer ist als bei einem Massivbau. Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass das nicht der entscheidende Faktor ist. Am wichtigsten ist ein guter Sonnenschutz, damit sich die Innenräume nicht durch Sonneneinstrahlung aufwärmen können. Dann sollte über Nacht eine gute Auskühlung gewährleistet sein. Im Gegensatz zum Massivbau kühlt ein Holzbau auch nach einer sehr langen Hitzeperiode schnell wieder ab. Mit gewissen Wärmepumpen kann man im Sommer über die Bodenheizung kühlen. Das gehört beim Holzbau immer mehr zum Standard. Ich arbeite selbst in einem solchen Gebäude, und diese Lösung funktioniert ausgezeichnet.
Wie verbreitet sind Einfamilienhäuser aus Holz in der Schweiz ?
Bei Neubau-Einfamilienhäusern machen Holzhäuser etwa 15 Prozent aus, bei An- und Umbauten sind es schon etwa 35 Prozent. Am höchsten ist der Anteil von Holzbau bei Minergie-zertifizierten Häusern: Dort ist es rund die Hälfte. Das liegt daran, dass Minergie-Häuser sehr hohe Anforderungen an die Wärme-Isolation haben, die sich mit der Holzbauweise einfach und effektiv umsetzen lässt. Es würde mich nicht überraschen, wenn dieser Anteil weiter stiege. Holzbau entwickelt sich immer noch weiter, heute baut man sogar Hochhäuser aus Holz. Man sagt schon lange, Holz könnte zum Baustoff des 21. Jahrhunderts werden.




