Starkes Preiswachstum trotz Covid-19

Starkes Preiswachstum trotz Covid-19: Preiswachstum im Vergleich zum Vorjahresquartal und von 2011 bis 2020.

Starkes Preiswachstum trotz Covid-19
Starkes Preiswachstum trotz Covid-19: Preiswachstum im Vergleich zum Vorjahresquartal und von 2011 bis 2020.
Text Thomas Rieder
Der Markt für Wohneigentum wurde durch Covid-19 nur kurzfristig gebremst. Dank tief bleibenden Finanzierungskosten und Wohnungsknappheit fällt das Preiswachstum derzeit hoch aus.
Die Covid-19-Krise hat den Wohneigentumsmarkt im März kurzzeitig gelähmt. Social Distancing und der Lockdown machten Wohnungsbesichtigungen zur Herausforderung. Verkäufer, Makler, Banken und Behörden mussten ihre Prozesse an die neuen Begebenheiten anpassen. Gleichzeitig haben die zunehmende Kurzarbeit sowie die steigende Arbeitslosigkeit potenzielle Nachfrager anfänglich stark verunsichert. Solche wirtschaftlichen und persönlichen Unsicherheiten sind gerade beim Erwerb von Wohneigentum Gift. Eine Trendwende zeigte sich aber bereits in der zweiten Aprilhälfte. Das dürfte insbesondere auf die rasche Reaktion des Bundesrats nach Ausbruch der Krise zurückzuführen sein. Damit wurden vielerorts grössere Lohnausfälle verhindert. Aber auch das Interesse der Nachfrager wurde wieder geweckt, hat der Lockdown doch die Bedeutung der eigenen Wohnung aufgezeigt. Etliche Haushalte dürften ihre Wohnsituation neu überdacht haben. Das dürfte viele Interessenten darin bekräftigt haben, den Eigentumserwerb weiterzuverfolgen und sogar zu forcieren.

Tiefe Wohneigentumskosten stützen Nachfrage

Die wohl wichtigste Stütze bei der Nachfrage sind die nach wie vor sehr tiefen Hypothekarzinsen. Der durchschnittliche Hypothekarzins aller bestehenden Eigentümer liegt noch bei 1,33%. Damit sind die mittleren jährlichen Hypothekarkosten jüngst weiter gesunken und dürften dieses Jahr für bestehende Eigentümer im Durchschnitt noch bei 4750 Schweizer Franken liegen. So wird sich an dem immer noch sehr tiefen tatsächlichen finanziellen Aufwand für die eigenen vier Wände nicht so schnell etwas ändern. Bestehende Eigentümer sollten selbst bei Lohnausfällen kaum in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Auch bei einer Vollkostenrechnung zeigt sich, dass Wohneigentum vielerorts tiefere jährliche Kosten verursacht als eine vergleichbare Mietwohnung. Damit bleibt der Markt für Neuerwerber attraktiv.

«Der Lockdown hat die Bedeutung des Eigenheims aufgezeigt.»
Thomas Rieder, Senior Economist

Es entsteht nur wenig neues Eigentum

Eine weitere Stütze für den Markt ist das nach wie vor sinkende Angebot an neuem Wohneigentum. Anders als im Mietwohnungsmarkt muss bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern auch in den nächsten ein bis zwei Jahren mit einer sinkenden Bautätigkeit gerechnet werden. Die Baubewilligungen haben einen neuen Tiefststand erreicht. Innert Jahresfrist wurden lediglich 11 800 Eigentumswohnungen sowie 5750 Einfamilienhäuser bewilligt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die kurzfristigen Folgen der Covid-19-Krise, sondern um einen lang anhaltenden Trend. Das Tiefzinsumfeld und die daraus folgende hohe Mehrfamilienhausnachfrage von Investoren haben in den letzten Jahren zunehmend dazu geführt, dass vielerorts eher Projekte mit Mietwohnungen als solche mit Wohneigentum realisiert wurden.

Wohneigentum bleibt weiterhin knapp

So erstaunt es nicht, dass Leerstände bei Wohneigentum im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt kein Problem darstellen. Die Leerstände sind bei Eigentumswohnungen kaum gestiegen, und die Leerstandsziffer liegt weiterhin bei sehr tiefen 0,55%. Bei den Einfamilienhäusern sind die Leerstände sogar gesunken und liegen mit 0,61% nur geringfügig höher. Der Vergleich zum Mietwohnungsmarkt, wo mittlerweile 2,75% aller Wohnungen leer stehen, zeigt, wie knapp Wohneigentum bleibt. Und aufgrund der weiter sinkenden Bautätigkeit und der hervorragenden Rahmenbedingungen dürfte sich daran auch so schnell nichts ändern.

Preisentwicklung bleibt von Covid-19 unberührt

Nicht zuletzt aufgrund dieser Knappheit und der tiefen Hypothekarzinsen hat sich die Covid-19-Krise bis jetzt überhaupt nicht im Preiswachstum niedergeschlagen. Insbesondere die Preise bei Einfamilienhäusern haben gar markant zugelegt. So sind diese im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 5,1% gestiegen. Dieser Wert liegt deutlich über dem mittleren Wachstum der Jahre 2000 bis 2019 von 3,1% pro Jahr. Die Preisdynamik bei Eigentumswohnungen hat ebenfalls zugenommen. Mit einem Plus von 3,1% liegt das Wachstum hier jedoch unter dem langjährigen Durchschnitt von 3,7%.

Dezentrale Lagen gewinnen an Attraktivität

In den kommenden Quartalen dürfte sich das Preiswachstum wieder etwas abschwächen, werden doch die kalkulatorischen Finanzierungsanforderungen mit weiter steigenden Preisen für immer mehr Haushalte zur unüberwindlichen Hürde. Als Folge dürfte die Nachfrage gerade ausserhalb der teuren zentrumsnahen Regionen weiter zulegen. Die langfristigen Konsequenzen von Covid-19 auf unser Arbeitsverhalten dürften das sogar noch verstärken. Wir rechnen damit, dass ein bis zwei Tage Homeoffice auch nach der Pandemie für eine zunehmende Anzahl Beschäftigte zum Standard wird. Muss dereinst nur noch drei- bis viermal pro Woche gependelt werden, dürften Haushalte eher bereit sein, weitere Wege in Kauf zu nehmen, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen zu können.

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Thomas Rieder, Senior Economist Credit Suisse IS & P Swiss Real Estate Economics
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