Traditionelles Konzept mit modernem Reiz

Das Chalet in den französischen Alpen folgt formal dem regionalen Baustil, interpretiert diesen hinsichtlich Nutzung aber zeitgemäss. Damit ist das Berghaus ein Zeuge für das architektonische Wissen vergangener Zeiten.

Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Mit jedem Stockwerk gewinnen die Räume des Berghauses an Grösse. Sie werden zudem mit noch mehr Licht durchflutet und immer höher.
Text Lina Giusto | Fotos Simone Bossi, Olivier Martin-Gambier
Das Chalet in den französischen Alpen folgt formal dem regionalen Baustil, interpretiert diesen hinsichtlich Nutzung aber zeitgemäss. Damit ist das Berghaus ein Zeuge für das architektonische Wissen vergangener Zeiten.
Wenn architektonische Vergangenheit in die Gegenwart übertragen wird, kann man ihre historische Form zwar konservieren, ihre Funktion jedoch nicht der Moderne entziehen. Genau das verkörpert das von Architekt Alireza Razavi konzipierte Chalet, das in der französischen Gemeinde Manigod südlich von Genf steht. Das Haus entspricht lokalen, relativ strikten Bauvorgaben, füllt dabei aber das Gesetzeskorsett optimal aus. Gleich vierfach wurde das Berghaus ausgezeichnet – für sein Design, innen wie aussen. Gelobt wird die konsequente Reduktion der traditionellen, regionalen Baukunst auf das Wesentliche. Das widerspiegelt sich in der modernen Verpackung des Einfamilienhauses, die äusserlich dem Baustil der Umgebung sehr nahe kommt und damit als Ode an die Alpen-landschaft zu verstehen ist. So und ähnlich begründen 2019 die Juroren des «German Design Award», ein Jahr zuvor jene der «Iconic Awards» wie auch jene der «Archi Design Club Awards» die Vergabe ihrer Architekturpreise. Bereits 2017 findet das Onlineportal Archilovers ähnliche Argumente für die Auszeichnung des Baus von Studio Alireza Razavi mit Sitz in Paris. Tatsächlich waren es die strengen architektonischen Richtlinien, die in den französischen Alpen gelten, die den international renommierten Architekten an seine gestalterischen Grenzen gehen liessen. Alireza Razavi maximierte auf elegante Weise den architektonischen Ausdruck des geplanten Einfamilienhauses. Anhand einer sorgfältigen Analyse der historischen Gebäude in der Gegend gelang es ihm nicht nur, den Einfluss der Berghäuser auf die regionale Baukultur zu verstehen, sondern an den zeitgemässen Bedarf anzupassen.Das Verhältnis von Gebäudehöhe und -breite sowie Dachneigung, Baumaterial und Fenstergrössen unterliegen Vorgaben, die ein uniformes Landschaftsbild, bestehend aus alpiner Architektur, garantieren. All das respektiert Razavi’s Bau. «Wir honorieren die Form und die Funktion, die ein Berghaus hat, interpretieren aber veraltete Gebäudeelemente auf moderne Weise», sagt der Architekt. So wurde auf allen Seiten des Hauses auf einen Dachüberstand – der für die Region baulich sonst typisch ist – verzichtet. Für Schutz vor Sonne und Witterung nutzt der Architekt aber einen anderen Kniff. Die einzelnen Wohnebenen sind auf einen Betonsockel gestapelt, wobei jede Etage über das jeweils untere Stockwerk hinausragt. Im zweiten Stockwerk ist das Panoramafenster zudem zur Fassade zurückversetzt eingebaut. Diese Elemente wiederum schaute sich Alireza Razavi den bereits seit Jahrzehnten bestehenden baulichen Vorbildern ab.

So wie ein Haus zum einen den Boden berührt und zum anderen aus diesem herausragt, ist der Kontext der regionalen Baukultur von universeller Bedeutung. Denn Berghäuser waren im historischen Kontext jeweils mit Ställen, Werkstätten und Lager verbunden. «Deshalb haben wir bei der Form des Hauses auf Pragmatismus geachtet, sodass seine Häuslichkeit lediglich subtil ausgedrückt wird», sagt Alireza Razavi. Seinen modernistischen Ansatz vermittelt das Haus also auch schon bei seiner Aussenstruktur. Augenscheinlich dort, wo der abstrakte Betonsockel zu den mit sibirischer Lärche verkleideten Obergeschossen übergeht und sich die ersten kompakten Fensteröffnungen zum Tal hin zeigen.

Raue Bergwelt-Harmonie

Das imposante Chalet mit acht Zimmern befindet sich am oberen Ende einer steilen Bergstrasse. Das dreistöckige Haus bietet in sich und vor allem über die Etagen hinweg immer grosszügiger werdende Räume. Die Verteilung der Zimmer folgt dem Bedarf an Helligkeit. So beginnt die Abfolge der Innenräume dunkel und komprimiert. Im Erdgeschoss befinden sich der Eingang, die Technikräume sowie ein Ski- und Schuhschrank. Die fünf Schlaf- und die drei Badezimmer sind im ersten Stock, das vor einem Panoramafenster liegende Wohnzimmer mit Cheminée und die offene Küche mit Essbereich befinden sich in der zweiten Etage. Mit jedem weiteren Schritt durch das Gebäude offenbart sich dem Besucher mehr und mehr Licht. Durch zunehmende und immer grösser werdende Fensteröffnungen werden weitere Ausblicke auf die umliegende Landschaft gewährt. Die Deckenhöhen werden schritt- respektive etagenweise erweitert und erreichen ihre finale Höhe im Wohnbereich im zweiten Stock. Dort wiederum erinnern ein kreuzförmiger Balken und eine stützende Säule an die hohen Schneelasten, die das Gebäude tragen muss. Die Besitzer geniessen vom Sofabereich aus oder von der seitlich angegliederten und gedeckten Terrasse einen wunderbaren Blick ins Tal.

Mit der durchgehenden Holzverkleidung im Inneren des Hauses sind die Bewohner auch hier vollständig von einer natürlichen und bodenständigen Atmosphäre umgeben. Hochwertige dunkle Feinsteinzeugplatten vom italienischen Hersteller Mirage im Entree, im Badezimmer und auch in der Dusche sorgen für einen erdenden Effekt, der mit der umliegenden rauen Bergwelt harmoniert. Umso weicher und sanfter wirken deshalb die in den Schlafzimmern verwendeten anthrazitfarbenen Teppiche. Jeweils eine Wand eines jeden Zimmers ist im passenden Farbton verputzt, womit zur hellen Holztäferung ein an Bernstein erinnernder Kontrast gesetzt wird.

So ist das Chalet von Alireza Razavi innen wie auch aussen ein in sich stimmiger architektonischer Zeitzeuge dafür, wie vergangenes Wissen und traditionelle Formen in die Moderne transportiert und damit für die Zukunft erhalten bleiben können.

«Wir honorieren die Form und die Funktion, die ein Berghaus hat.»Alireza Razavi, Architekt

TECHNISCHE ANGABEN

Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Schematische Darstellung
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Schnitt frontal
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Schnitt seitlich
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Zweites Obergeschoss
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Erstes Obergeschoss
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Erdgeschoss

[ ARCHITEKTUR ]

Alireza Razavi | Studio Razavi Architecture | studiorazavi.com

[ KONSTRUKTION ]

Holzbau auf Betonsockel | Satteldach | Fassade: Schalung aus sibirischer Lärche

[ Raumangebot ]

Nettowohnfläche: 200 m² | Anzahl Zimmer: 8

[ Ausbau ]

Boden: Feinsteinzeugplatten und Holz | Wandbeläge: Feinsteinzeugplatten, Holz und Verputz | Fenster: Holz- und Holz-Aluminium-Fenster

[ Technik ]

Cheminée

Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Architekt Alireza Razavi orientierte sich am traditionellen Baustil und interpretiert historische Gebäudeelemente wie das überhängende Dach neu.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Der pragmatisch gestaltete und dezent eingerichtete Eingangsbereich ist typisch für ein Berghaus. Auch die Materialisierung mit dem Holztäfer und dem Steinboden ist dezent und bodenständig.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Das Haus zeigt sich in der untersten Etage kompakt und dunkel, öffnet sich mit den aufsteigenden Wohnebenen aber zunehmend.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Der beinahe fensterlose Hauseingang zeigt sich privat und komprimiert und vermittelt mit dem Steinboden als Kontrast zur Holzverkleidung eine alpine Bodenständigkeit.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Auch im Badezimmer wird auf bodenständiges und erdverbundenes Ambiente gesetzt. Die Holztäferung wird in der Dusche durch Stein ersetzt.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Die Schlafzimmer in der ersten Etage sind alle zum Tal ausgerichtet und mit warmen Textilien in dunklen Farben ausgestattet.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Das Hochbett im Kinderzimmer ist in die Wand eingebaut. Dadurch wird der vorhandene Platz geschickt ausgenutzt.
 Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Weiche und in dunklen Farbtönen gehaltene Textilien unterstreichen den alpinen Chalet-Chic zusätzlich.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Einbauschränke aus Holz werden mit einem raffiniert eingebauten Pult ergänzt. Der anthrazitfarbene Teppich und die Wand in der gleichen Farbe setzen einen warmen Kontrast zum Holz.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Seitlich vom Wohn-, Ess- und Küchenbereich liegt die grosszügige Terrasse, die unter das Dach gebaut wurde und einen atemberaubenden Blick ins Tal bietet.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Mit der durchgehenden Holzverkleidung im Hausinneren sind die Bewohner auch hier vollständig von einer natürlichen und bodenständigen Wohnatmosphäre umgeben.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Der kreuzförmige Balken erinnert an die hohen Schneelasten, die das Haus tragen muss. Mit den traditionellen Architekturelementen honoriert Alireza Razavi die Form und die Funktion eines Berghauses.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Die Fenster zur Rückseite des Hauses sind kleiner gehalten, vermitteln aber durch ihre asymmetrische Anordnung ein modernes und kreatives Flair.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Als Schutz vor Sonne und Witterung hat der Architekt die einzelnen Wohnebenen auf einen Betonsockel gestapelt, wobei jede Etage über das jeweils untere Stockwerk hinausragt.
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Erdgeschoss
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Erstes Obergeschoss
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Zweites Obergeschoss
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Schnitt seitlich
Traditionelles Konzept mit modernem Reiz
Schnitt frontal
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Schematische Darstellung
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