Kunstvoll statt künstlich
Mit seiner Lowtech-Bauweise feiert das Haus Lux das natürliche Licht, die Luft und die Vegetation seiner Umgebung. Architekt Manfred Lux gestaltete das neue Zuhause für sich und seine Familie simpel, aber gerade deswegen durchdacht.

Das Wort Lux bedeutet auf Lateinisch Licht. So war Licht auch eines der wichtigsten Elemente, die Manfred Lux in den Entwurf seines Einfamilienhauses einfliessen liess. Der Bau, den der Architekt mit seiner Frau Naciye und den Töchtern Laila und Rosalie bewohnt, liegt in der kleinen Gemeinde Schlipsheim in der Nähe der bayerischen Stadt Augsburg. Die ruhige und naturbelassene Umgebung bildet einen klaren Kontrast zum Zentrum von Berlin, wo die Familie früher wohnte. Manfred Lux wollte sein Eigenheim «mit der Sonne» bauen. «Die Lowtech-Bauweise liegt mir am Herzen», sagt der Architekt. Das bedeutet, dass das Haus ohne komplexe elektrotechnische Systeme wie Photovoltaik, Solaranlage oder Lüftung auskommt. «Technische Lösungen werden in der Zukunft Probleme bereiten», erklärt Manfred Lux. «Gerade Photovoltaik-Paneele enthalten Schwermetalle und Quecksilber, was ihre Entsorgung erschweren wird.» Für sein eigenes Haus hatte er eine andere Vision. Schwere Betonplatten bilden die Innenwände und das Dach des Hauses. In den Sommermonaten bleiben sie kühl, im Winter speichern sie die Heizungswärme. Für die 45 Zentimeter starken Aussenwände setzte der Architekt auf eine gut isolierende Holzständerbauweise. Ein extensiv begrüntes Dach komplettiert die Gebäudehülle und sorgt für optimale Isolation. «Im Frühjahr sieht man von der Zufahrt, wie Sedum und Bergthymian auf dem Dach blühen», sagt Manfred Lux.
Natur als Kunstwerk
Jedes Zimmer besitzt mindestens eine rahmenlose Glaswand, welche eine direkte Verbindung mit der umliegenden Natur schafft. «Diese Glasflächen sind mehr als nur Fenster, denn sie geben uns die Möglichkeit, die Landschaft zu beobachten», sagt der Architekt. «Sie wirken wie fotorealistische Gemälde.» So kann die Familie aus jeder Ecke und jedem Raum des Hauses den Blick in die Natur geniessen. Auch die schlichte Materialisierung des Baus richtet sich nach der Natur. Sichtbeton und Eichenholz geben im Hausinneren den Ton an. Der Sichtbeton wurde gestockt, um die Körnung zu zeigen: Schwarze, weisse und braune Flusskiesel bilden eine lebhafte, warme Oberfläche. «Bauen mit Beton erfordert eine genaue Planung», sagt Manfred Lux. «Man muss vor dem Baubeginn wissen, wo Lichtschalter, Steckdosen und Lampen positioniert werden.»
Der kompakte Baukörper verfügt über einen achteckigen Grundriss von zehn auf zehn Metern, der dem Gebäude eine leicht prismatische Form verleiht. «Ich bin von einem Quadrat ausgegangen», sagt Manfred Lux. «Auf dem Grundrissplan erkennt man, dass die vier zusätzlichen Ecken dort liegen, wo Innenwände auf Aussenwände treffen und sie sozusagen nach aussen drücken.» Die Begründung für diese Form ist nicht nur ästhetisch. «Wer energetisch baut, möchte viel Innenraum bei möglichst wenig Fassadenfläche, über die Wärme entweichen kann», erklärt der Architekt. «Das günstigste Verhältnis von Fläche zu Volumen findet man bei einer Kugel.» Der kompakte Baukörper mit Walmdach nähert sich der Kugel so gut es geht an.
Eine Doppeltüre führt ins Haus hinein. Ein geometrisches Muster durchbricht ihre Metalloberfläche und schafft ein Gleichgewicht von Offenheit und Geschlossenheit. Das Muster wurde an den Grundrissplan des Obergeschosses angelehnt. Der offene Eingangsbereich geht fliessend in den Wohnbereich mit Wohnzimmer, Küche und Esszimmer über. Ausserdem beherbergt das Erdgeschoss den Technikraum und das Gäste-WC als separate Räume. Die Inneneinrichtung wurde ebenso schlicht gehalten wie die Architektur. Einen Grossteil der Möbel hat Manfred Lux selbst eigens für sein Haus entworfen. Das Obergeschoss ist über eine Kragarmtreppe erschlossen. Runde Oberlichter lassen intensives Tageslicht auf die Stufen strömen. Oben liegen die drei Schlafzimmer und das Bad der Familie, so angeordnet, dass je ein Raum in eine Himmelsrichtung schaut. Durch die wandgrossen Fenster erhalten die Räume ein Maximum an Tageslicht und lassen die Bewohner in die Natur hinausblicken. Die Beleuchtung gestaltete Manfred Lux zurückhaltend und gedämpft. Die Lichtquellen wurden so platziert, dass sie dem Einfall des natürlichen Lichts entsprechen. «Das Licht sollte nachts aus derselben Richtung kommen wie am Tag», sagt der Architekt. Getreu dem Lowtech-Prinzip kommt das Haus ohne Lüftungsanlage aus. Kleine Lüftungsklappen in den Zimmern können geöffnet werden, um eine natürliche Luftzirkulation zu fördern. Gemeinsam mit der Haustür, einem der Oberlichter, das sich öffnen lässt, sowie den Glasschiebetüren im Erdgeschoss sorgen die Klappen selbst an windstillen Tagen für eine optimale Belüftung. Ein separates Gebäude wurde neben dem Haupthaus in den Hang hineingebaut. Später könnte es als Gästehaus dienen, heute befindet sich darin das Atelier des Ehepaars. Im Gegensatz zum weissen Hauptgebäude wurde der zurückhaltende Nebenbau «erdig» gestaltet. Sichtbeton und Holz definieren seine Fassade, während Lehm an der Decke und den Wänden im Inneren für Wärme sorgt. Auf dem Dach befindet sich ein offener Abstellplatz für die Autos. Horizontale Holzlatten verbergen die Fahrzeuge, behalten aber eine gewisse Transparenz bei.
Im Einklang mit dem Garten
Das Highlight bildet für die Familie Lux jedoch der Garten, in dem alte Obstbäume wachsen. «Die Arbeiter wollten die Bäume zunächst fällen», erinnert sich Manfred Lux, «also habe ich die Äste zurückgebunden, damit die Arbeiten ungestört durchgeführt werden konnten.» Der Aufwand lohnte sich, denn die geretteten Obstbäume spenden im Sommer Schatten, sodass das Erdgeschoss ohne künstlichen Sonnenschutz auskommt. Im Winter lassen die blattlosen Äste das Sonnenlicht hineinströmen und das Haus erwärmen. Rund um das Haus erstreckt sich ein ungestalteter Naturgarten. «Ich mähe das Gras mit einer Sense, aber erst nachdem die Blüten abgeblüht sind», sagt der Architekt. «Die Samen fallen auf die Erde, und so blühen jedes Jahr wieder Malven und wilder Senf.» Eine Outdoor-Küche hinter dem Haus ist der Hauptaufenthaltsraum der Familie in den Sommermonaten. Eine raue Mauer aus recycelten Dachziegeln bildet die Rückwand der schlichten Betonküche mit Wasserhahn und Ofen. «Die Sommer werden immer länger und wärmer, und wir verbringen immer mehr Zeit draussen», sagt Manfred Lux. «Die Kinder machen hier ihre Hausaufgaben, wir backen unsere selbstgemachte Pizza, und manchmal verlagern Naciye und ich unser Büro auch nach draussen. Ein gutes Haus braucht einen Garten.»
Manfred Lux, Architekt und Bauherr
Trotz oder gerade wegen seiner Schlichtheit erforderte das Haus eine sorgfältige Planung, um die Schlüsselelemente Klima, Energie und Garten unter ein Dach zu bringen. «Ich habe es nicht aus dem Bauchgefühl heraus gestaltet. Es erhielt seine Form durch die Lebensqualität, die wir anstrebten», sagt Manfred Lux.
Manfred Lux, Architekt und Bauherr
TECHNISCHE ANGABEN



[ ARCHITEKTUR ]
Manfred Lux, Neusäss-Schlipsheim (DE) | lux-architect.com
[ KONSTRUKTION ]
Mischbauweise | Decken, Dach und Innenwände: Beton | Aussenwände: Holzständerwände 45 cm | Dachbegrünung | Fassade: Verputz
[ RAUMANGEBOT ]
Wohnfläche: 140 m² | 5,5 Zimmer
[ AUSBAU ]
Boden: Eichenparkett | Wände: Sichtbeton gestockt, Holz | Decken: Sichtbeton
[ TECHNIK ]
Lowtech-Konstruktion | natürliche Lüftung | Luft-Wasser-Wärmepumpe

















