Fernsicht Südtirol
Soziale und kulturelle Aspekte sind bei der «Ciasa» eine Herzensangelegenheit. Mit lokaler Handwerkstradition hat man lediglich lokale Hölzer und Steine verbaut und konnte dabei fast komplett auf Kunststoffe verzichten.

[ Was ]
«Ciasa» – ladinisch für Haus – ein Vollholz-Einfamilienhaus in St. Vigil im Gadertal in Südtirol.
[ Wer ]
Armin und Alexander Pedevilla, Pedevilla Architects, pedevilla.info
[ Grundstück ]
Auf 160 Quadratmetern wohnt der Bauherr und Hotelier Nicol Alberti Mutschlechner mit seiner Familie. Das Haus befindet sich auf dem Areal des im Südtirol bekannten Hotels Aqua Bad Cortina direkt neben der Thermalquelle.
Armin Pedevilla, Architekt
[ Herausforderung ]
«Bevor wir mit der Realisierung unseres Hauses starteten, stellten wir uns mit geschlossenen Augen vor, in einem Beton-Ziegel-Ambiente zu wohnen. Sogleich führten unsere Bilder im Kopf zu der Idee eines Holzhauses», sagt der Bauherr. Anspruchsvoll in diesem Zusammenhang waren die nachhaltige Gestaltung und die Erfüllung der Klimahaus-Kriterien, ein Baustandard, der in Südtirol gesetzlich vorgeschrieben ist. Bei der besagten Gebäudezertifizierung werden die Effizienz der Gebäudehülle, die Gesamtenergieeffizienz sowie die verwendeten Baumaterialien und Bausysteme nach ökologischen Gesichtspunkten bewertet.
[ Lösung ]
Das Sturmmondholz, das am 30. Oktober 2018 während eines Unwetters aus den umliegenden Wäldern anfiel, formt das Haus. Für den Bau verantwortlich war die Firma Holzius, ein Unternehmen für leim- und metallfreie Wohnhäuser. Aussen besteht das Haus aus sechs Zentimeter dicken Fichtenholzdielen. Die innere Lage der Fassade ist aus handgehobeltem Zirbenholz gefertigt. Durch eine spezielle Verarbeitungstechnik sind die Dielen ohne Kleber und Harze schichtweise verbunden – in Anlehnung an einen Baum von unten nach oben. So formen sie die 36 Zentimeter starke Aussenwand. Für das Fassadenholz spricht seine Beständigkeit, denn Lärche ist bereits im unbehandelten Zustand witterungsbeständig. Die Wandstärke sorgt für einen niedrigen Wärmeübertragungswert, weshalb auf zusätzliche Dämmung verzichtet werden konnte. Deshalb darf sich «Ciasa» in Italien auch als das erste Vollholz-Klimahaus der Klasse A bezeichnen.
[ Besonderheit ]
Auffallend ist die archaische Form des Hauses, die keinen Unterschied zwischen Fassade und Dach macht. Das in die Luft wachsende Trapez ist weit herum sichtbar. Gleichzeitig erweckt die tief liegende Trauflinie den Eindruck eines Schutzwalls. Die handgespaltenen Schindeln der Fassade erinnern an einen Tannenzapfen. Zur Belichtung der Innenräume dienen die grossflächigen und ebenfalls trapezförmigen Fenster wie auch die Oberlichter, die für einen kegelförmigen Lichteinfall im Haus sorgen. Neben dem lokalen Holz wurde auch der Stein für die Böden und Bäder aus Dolomitenfindlingen aus den umliegenden Bergen geschnitten. Ebenso aus der Region stammten die am Hausbau beteiligten Handwerker. Alle kamen aus dem Gadertal. Die Weiterführung von lokalen Traditionen auf neue Art und Weise bezeichnet der Bauherr als «soziale und kulturelle Nachhaltigkeit», mit der das gesamte Projekt stimmig abgerundet wird.
Nicol Alberti Mutschlechner, Bauherr











