Fernsicht Norwegen

Auf zarten Stelzen und mit rauer Holzfassade kommt das Äussere dieser Skihütte aus dem hohen Norden daher.

Fernsicht Norwegen
Text Lina Giusto | Fotos Juan Benavides und Bruce Damonte
Auf zarten Stelzen und mit rauer Holzfassade kommt das Äussere dieser Skihütte aus dem hohen Norden daher. Im Inneren beeindruckt das Haus mit einer weichen Holzausstattung und einer spektakulären Raumform.

[ Was ]

«Skigard Hytte» ist eine Berghütte im Kvitfjell, einem Skigebiet in Norwegen, die Casper und Lexie Mork-Ulnes zusammen mit ihren Kindern nutzen.

[ Wer ]

Architekt Casper Mork-Ulnes und Innenarchitektin Lexie Mork-Ulnes, Mork Ulnes Architects, morkulnes.com

[ Grundstück ]

45 Minuten nördlich von Lillehammer befindet sich das 2000 Quadratmeter grosse Grundstück mitten in einem Skigebiet auf 943 m ü. M. beinahe auf dem Gipfel des Hausbergs.

[ Herausforderung ]

Das Areal liegt von November bis April auf der Skipiste, im Frühling und Sommer mitten im Wandergebiet respektive im Kulturland weidender Schafe. Aufgrund der Höhenlage muss das Haus dem strengen Winterwetter standhalten. Es ermöglicht einen wunderbaren Blick auf das Tal, das sich teilweise im Nebelmeer versteckt.

[ Lösung ]

Das Haus liegt auf Pfeilern und ist mit seiner schlauchartigen Form als erhöhte Aussichtsplattform konstruiert. Die Bauherren haben bereits Erfahrung mit der Errichtung von Gebäuden auf Stelzen. Deshalb war ihnen klar, dass das eine effektive Massnahme gegen hohe Schneeverwehungen ist. Zugleich blieb mit der Pfeilerlösung das Erdreich von Fundamentarbeiten verschont, und so können auch die Schafe weiterhin auf dem Areal weiden. Mit dem Anheben des Wohngeschosses maximierte das Ehepaar zudem den natürlichen Lichteinfall. Während das Haus von aussen geradlinig und im Querschnitt gar quadratisch anmutet, ist jede der vier Wohnzonen – Gäste-, Kinder-, Wohn- und Masterschlafzimmer – als Kegel konzipiert. Am Scheitelpunkt der Kegeldecken sorgen Dachfenster für zusätzliches Licht. Zudem setzen bodentiefe Fenster in jedem Zimmer die Natur spektakulär in Szene. Besonders beeindruckend ist es im Wohnbereich, wo zwei sechs Meter lange raumhohe Glaswände einander gegenüberliegen.

[ Besonderheit ]

Jede Oberfläche der Skihütte ist mit Holz verkleidet. Die sichtbare Fassade besteht aus Skigard, einem Holzzaun, dessen drei Meter lange Latten jeweils aus einem Viertel eines Baumstamms bestehen. Diese Holzform wird im Norden gerne für Zäune verwendet. Somit nimmt die Struktur der rauen Fassade Bezug auf die ländliche Architektur und die bewaldete Vegetation. Im Winter, wenn sich die Holzlücken mit Schnee füllen, erhält das Haus einen weicheren Ausdruck. Alle Aussen- und Innenwände sind mit eingeblasenen Holzfasern isoliert. Im Frühling und im Sommer erinnert das begrünte Dach an die traditionellen Sodendächer, die mit Gras- und Torfstücken belegt sind. Entsprechende Überdachungen waren bis ins 19. Jahrhundert bei skandinavischen Blockhäusern üblich. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Flachdach wirkt, erkennt man bei näherer Betrachtung den symmetrischen leichten Anstieg zur Dachmitte hin. Das Grasdach speichert Regenwasser und bietet Isolierung gegen zusätzliche Wärme im Sommer und gegen Wärmeverlust im Winter. Der mit hellem, glattem Kiefernholz ausgestattete Innenraum ergänzt die Architektur auf homogene Weise. Einbauten und Möbel sind aus dreischichtig, kreuzweise verleimten Kiefernholzplatten hergestellt. So ist die Skihütte eine standortspezifische Reaktion der Architekten auf das umliegende Kulturland sowie eine Verbindung zwischen vergangenem Wissen und gegen-wärtiger Architektur.

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Das Eingangsportal ist durchgehend offen, was das Naturerlebnis ins Zentrum rückt. Links erreicht man über eine separate Tür den Gästebereich.
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Südliche und nördliche Aussenansicht
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Querschnitt
Mork-Ulnes Architects - Skigard Hytte - PH W_112 - photo by Juan Benavides
Bei hohem Schneefall wirkt das schlauchförmige Haus als hätte es sich in den Schnee gelegt.
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Jede Wohnzone im Haus ist als Kegel konzipiert, der im Scheitel des Dachinneren in ein Oberlicht mündet.
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