Ein Brutalist steht im Walde
Wenn die Natur als baulicher Ausgangspunkt dient, dann kann nur etwas Aussergewöhnliches entstehen. Die Villa «Neo» ist Zeuge einer kompromisslosen Architektur, die sich aus jeder Perspektive mit Einzigartigkeit präsentiert.

Diese Villa mitten im hanseatischen Wald bricht mit herkömmlichen Assoziationen der Architektur. Der massive Stahlbetonbau setzt einen hemmungslosen Kontrast zur sonst naturbelassenen Umgebung der Ortschaft Rosengarten nahe Hamburg. Hier begegnet skulpturale Architektur einer brutalistischen Form. Tatsächlich mutet das Gebäude wie eine künstlerische Installation auf einem Sockel aus Naturstein an. Der Steinfuss bildet dabei gleichzeitig die Tiefgarage, worauf die zweigeschossige Villa liegt und sich dabei auf den Wald als wichtigsten Bezugspunkt ausrichtet. Der Kubatur liegt die Idee einer L-Form zugrunde, die einerseits an den Hang grenzt und andererseits einen geschützten Innenbereich für die Terrasse bildet. Beton, Glas und Stahl – das sind die drei Hauptmaterialien, die das charakteristische Aussehen dieser Villa bestimmen. «Das ist unsere Vision einer skulpturalen, puristischen und modernen Villa, die klassische Regeln der Architektur abstrahiert und damit für ein unvergleichliches Wohngefühl inmitten der Natur steht», sagt Fionn Mögel, Architekt bei Querkopf Architekten.
Mit der Klassik gebrochen
Kommt man von der Strasse, offenbart die Villa «Neo» ihre markante Fassade. Der Sichtbeton lässt dabei keinen Blick ins Hausinnere zu. Das Erdgeschoss ist zur Einfahrt hin vollständig verschlossen und löst sich zum Wald hin durch grosse Fensterfronten auf, welche die Wohnräume mit Licht durchfluten und einen intensiven Bezug zur Umgebung und zur Natur herstellen. Die abstrakte Bauweise kreiert ein wohltuendes Mass an Privatsphäre und Sicherheit. Zum Garten hin, wo Terrasse, Pool und Whirlpool liegen, öffnet sich die Villa, sodass der natürliche Drang nach Freiraum gestillt werden kann. Natur und Architektur treffen bei diesem Objekt nicht nur aufeinander. Nein, sie fliessen sogar sichtbar ineinander über. In angenehmer Abgeschiedenheit, ungestört und für sich allein, ist die Villa für die aus Hamburg stammenden Bauherren der attraktivste Rückzugsort überhaupt.
Der Hauseingang ist als kleine Fuge modelliert. Links vom Eingang befindet sich die luxuriöse und offene Küche, die mit Gaggenau-Geräten ausgestattet ist. Beim Eintreten ins Haus fällt der Blick direkt auf den von einer Glasfront umrahmten Wohn- und Essbereich. Die hochwertige Sofalandschaft sowie die Möblierung im TV-Zimmer des rechten Hausflügels unterstreicht die Verwendung ausschliesslich exklusiver Einrichtungsmaterialien. Die Wege zwischen den Räumen sind effizient ausgerichtet und über einen zentralen Knotenpunkt in der Hausmitte miteinander verbunden. Architektonisches Highlight bildet der verglaste Mittelteil des Hauses, der die untere und die obere Ebene miteinander verbindet und gleichzeitig das Obergeschoss in zwei Bereiche teilt. Ummantelt von Stahllamellen, verbindet dieser Gebäudeteil den brutalen Baukörper mit dem Luftraum in der Mitte der Villa. Die über dem Esstisch angebrachten Designerlampen sorgen im Wohnbereich für stimmungsvolles Licht, und ein modernes Kamin schafft Gemütlichkeit, wenn der Abend anbricht. Im Untergeschoss finden sich neben den vier Garagenplätzen ein grosszügiges Gästezimmer mit integriertem Badezimmer, das über eine Regendusche verfügt, sowie der Hobbyraum der Hausbesitzer.
Eine kunstvoll mit Holz ummantelte Treppe führt vom Erdgeschoss ins obere Stockwerk der Villa. Die obere Etage bildet einen deutlichen gestalterischen Kontrast zur darunterliegenden Wohnebene. Vom Garten aus zeigt sich ein über der transparenten Konstruktion aus Glas und Stahl schwebender, verdrehter Betonkörper. Durch seine Konstruktionsweise bietet das Obergeschoss ein hohes Mass an Privatsphäre. Aus den Schlafzimmern ist durch wenige, dafür aber raumhohe Fensterelemente ein gezielter Blick in den Garten und den Wald möglich. Neben Schlaf- und Badezimmern ist in dieser Etage auch noch die Hausbibliothek angesiedelt. Massgefertigte, raumhohe Einbauschränke fügen sich nahtlos in das durchdachte Raumkonzept ein. Als absolute Highlights der innenarchitektonischen Wohnatmosphäre fungieren die Kieselwände wie auch dervollflächige Spiegel im Badezimmer sowie stilvolle Einrichtungsdetails.
Eine Fassade für die Natur
Der grossflächige Umschwung der Villa bietet den Bewohnern viel Fläche für Entspannung. Auf 960 Quadratmetern ist neben einem Infinitypool mit türkisblauem Wasser raffiniert eine 170 Quadratmeter grosse, nach Süden ausgerichtete Terrasse in Szene gesetzt. Die Rasenanlage ist die reinste Verführung, an warmen Sommertagen die Zeit hier einfach vorüberziehen zu lassen. Wird es kälter, sorgt der im Garten integrierte Whirlpool für die notwendige Wärme.
«Das Haus punktet mit Originalität. Es ist kein Baukastenhaus, sondern aus einer einzigartigen Vision heraus entstanden», erklärt Fionn Mögel weiter. «Mit einer Mischung aus Bauhaus-Stil und Brutalismus strahlt es nach aussen Stärke und Geborgenheit aus, ohne nach innen an Eleganz, Grosszügigkeit und Ruhe zu verlieren. Seinen Bewohnern gibt es dadurch ein erhabenes Gefühl von Freiheit», so der Architekt weiter. Auch die Allgegenwärtigkeit der Natur trägt zur starken architektonischen Wirkung bei. Mehr aber noch bestimme sie Form und Material, wie Fionn Mögel sagt: «Der Wald hat uns vor die Aufgabe gestellt, eine Fassade zu entwickeln, die sich durch Moos, Laub und Witterung nicht beeindrucken lässt, sondern gerade durch die Natur würdevoll altert.»
Architekten-Interview
Fionn Mögel, wie kam das Projekt auf dem bewaldeten Grundstück zustande?
 Der Bauherr trat mit der Bitte an uns, sein Einfamilienhaus zu planen und zu bauen. Seine Vision einer radikal interpretierten Villa war ungewöhnlich und weckte unsere Aufmerksamkeit. Wir sagten ihm offen und ehrlich, dass das in unserem jungen Büro noch nicht zu den Stärken zähle und andere deutlich mehr Erfahrung hätten. Das schien die falsche Antwort, denn unser bisheriges Portfolio und unsere Zusage, das Projekt mit viel Herzblut zu realisieren, bestärkte ihn in seinem Wunsch. So begannen wir mit der Suche nach einem passenden Grundstück.
Welche Herausforderungen bot das Areal?
 Die Positionierung des Baukörpers auf dem stark bewaldeten Grundstück mit seitlichem Gefälle erwies sich als schwieriger als gedacht. Die grossen Buchen und Eichen waren hinderlich, was die Zufahrt, die Lage des Hauses und die Belichtung betraf. Jedoch boten die Bäume viel Potenzial für eine Symbiose zwischen Natur und Architektur.
Welches war die grösste Herausforderung, mit welcher Sie der Bauherr konfrontierte?
 Das Projekt mit dem vorhandenen Budget umzusetzen, war enorm schwierig und nur möglich, indem wir für viele Details innovative Baulösungen entwickelten.
Woher holten Sie sich die Inspiration für den brutalistischen Bau?
 In einem frühen Gespräch fiel das Wort «Bunker». Der brutalistische Gedanke war für die radikale Interpretation der Villa entwurfsentscheidend. Gleichzeitig war die Sichtbetonfassade in Brettholzschalung die einzige Antwort, um mit der Vermoosung der Fassade im Wald umzugehen.
Worauf sind Sie bei diesem Bau stolz?
 Auf unser Durchhaltevermögen bei der Entwicklung von über 50 Sonderlösungen.  Dass wir die Statiker mitreissen konnten, so oft zu rechnen, bis es aufging. Dass wir es schafften, eine nur 10 Zentimeter starke Ortbetonfassade über eine Höhe von 3,7 Metern ohne Dehnungsfugen auszuführen.
TECHNISCHE ANGABEN



[ ARCHITEKTUR ]
Fionn Mögel, Simon Mögel, Frank Zander, Wasfy Taha | Querkopf Architekten | querkopf-architekten.de
[ KONSTRUKTION ]
Stahlbetonbau | Flachdach | Fassade: Sichtbeton, zweischalige Wand in Ortbeton
[ Raumangebot ]
Nettowohnfläche: 403 Quadratmeter |
Anzahl Zimmer: 7
[ Ausbau ]
Boden: Holzdielen, Feinstein-zeugplatten, Bodenspachtel | Wände: Sichtbeton, Kieselstein | Fenster: rahmenlose Schiebefenster
[ Technik ]
Dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung | Fussbodenheizung



















