Spitzenreiter des Wohnens
In einem Einfamilienhausquartier, umgeben von grünen Wäldern und hohen Bergen, steht das Pyramid House, in dem eine vierköpfige Familie lebt. Erscheint der Neubau von aussen wie eine kühle Festung, strahlt er innen Wärme aus.
Mae sitzt auf der Kante der weissen Kücheninsel, lässt die Beine entspannt baumeln und umarmt ihre Mutter, die vor der Kücheninsel steht und ihr liebevoll über den Kopf streicht. Dieses Bild zeigt exakt, wofür ein Ehepaar in Tegna im Kanton Tessin dieses Einfamilienhaus gebaut hat: für ein gemütliches Familiennest und um seine zwei Töchter entspannt grosszuziehen. Tegna ist ein kleines Dorf mit 740 Einwohnern im Bezirk Locarno. Das Dorf ist umgeben von grünen Wäldern, schützenden Bergen und eingerahmt vom Fluss Melezza, der bei hohen Temperaturen der perfekte Ort für eine Abkühlung ist. In einem Einfamilienhausquartier steht seit einigen Monaten das Pyramid House, das die Bauherrschaft mit dem Architekten Dario Franchini vom Architekturbüro DF DC (Lugano/London) realisiert hat. Das in einem spitzen Giebel endende Dach gibt dem Eigenheim den Namen aus der längst vergangenen Zeit der Pharaonen. Und auch bis dieses Haus so stand, wie es heute steht, verging einige Zeit. «Wir hatten den Wunsch, ein Eigenheim zu bauen. Meine Schwiegereltern wohnen direkt gegenüber, und auf dem Land, auf dem heute unser Haus steht, bewirtschafteten sie bis vor Kurzem Weinreben», erzählt die Bauherrin. «Doch irgendwann fehlte die Zeit dazu, und so haben wir gefragt, ob wir das Land für unser Einfamilienhaus nutzen dürfen.» Die Bauherren bekamen die Bauerlaubnis, und die Standortfrage erhielt so einen ganz neuen Stellenwert. «Mein Mann ist hier aufgewachsen, und die Grosseltern unserer Kinder wohnen nun direkt gegenüber. Zudem habe ich mir für meine Töchter immer einen etwas ländlicheren Wohnort gewünscht, wo sie frei draussen spielen können», so die Bauherrin. Der Architekt, den sie bereits vorher aus geschäftlichen Beziehungen kannten, stand ihnen von Beginn an zur Seite. Auch dann, als das Projekt komplizierter wurde und zu scheitern drohte.

«Questa è casa mia.»
«Nach dem ersten Treffen mit der Bauherrschaft im Jahr 2016 begann ich, ein Projekt auszuarbeiten», erzählt der Architekt Dario Franchini. Damals glich der Baukörper einem Rechteck, der ans äussere Ende des Grundstücks gesetzt werden sollte. Doch die Bauherrschaft war noch nicht überzeugt. «Wir wussten, dass er ein hervorragender Architekt ist und eine künstlerische Ader besitzt. Das war der Grund, weshalb wir uns für ihn entschieden hatten. Wir wollten etwas Spezielles, etwas, das sich vom herkömmlichen Einfamilienhaus mit Giebeldach abhebt. Der rechteckige Baukörper war uns einfach zu steril», erklärt die zweifache Mutter. «Wir wollten, dass er sich auf einem weissen Blatt Papier auslebt.» Nach dem vierten Vorschlag war es dann so weit. «Ich sass im Flugzeug nach Australien, als mir eine zündende Idee kam. Noch während des Hinflugs brachte ich sie zu Papier und schickte der Familie die Unterlagen», sagt Dario Franchini. «Für mich war klar, wenn es mit dieser Idee nicht klappt, empfehle ich der Bauherrschaft einen anderen Partner. Denn das gibt es manchmal, dass man einfach nicht füreinander gemacht ist», sagt der Architekt und lacht. Doch die Idee kam gut an. «Ich sah das Projekt und wusste sofort: Questa è casa mia. Das ist mein Zuhause», sagt die Bauherrin. Das Pyramid House ist ein Einfamilienhaus in L-Form, das von aussen gegen die Strasse zurückhaltend und geschlossen wirkt, gegen den Garten jedoch freundlich und hell ist. «Das ist ein Einfamilienhaus mit Überraschungseffekt», sagt Dario Franchini. «Von der Strasse her wirkt der Baukörper hermetisch und privat, fast wie eine Festung. Geht man jedoch durch die Eingangstür, eröffnet sich einem ein offener Wohnraum und der Blick durch eine breite Fensterfront hinaus in den grosszügigen Garten.» Eine Garderobe mit Einbauschränken am Eingang bietet viel Stauraum, während eine kreisförmige Einbuchtung in der Wand die Möglichkeit gibt, hier kurz zu verweilen. Der Boden aus Sichtbeton, der sich durch das gesamte Erdgeschoss zieht, schafft eine ruhige und elegante Atmosphäre, in welche Holzelemente Charme und Wärme hineinbringen. In diesem Geschoss befinden sich das Wohnzimmer, die Küche mit angrenzendem Esszimmer, der Weinkeller, ein Gästebad und eine Spiel-und Ruheecke für die Mädchen. «Die Bauherrschaft hatte klare Vorstellungen davon, welche Räume ihr Zuhause haben sollte. Dazu gehörten ein grosses Wohnzimmer mit einem offenen, aber trotzdem leicht abgetrennten Esszimmer, eine grosse Küche mit Kücheninsel und vier Schlafzimmer.» Räume wie ein Fitnessstudio, ein Weinkeller und eine Waschküche sollten das Raumangebot abrunden.
Heute befinden sich im Erdgeschoss das grosszügige Wohnzimmer mit Übergang zur offenen Küche mit Kücheninsel. Ein hängender Kamin, der sich einmal um die eigene Achse drehen lässt, trennt die beiden Wohnräume optisch leicht ab. Eine Glastür direkt neben der Küche bietet Einblicke in den Weinkeller, in dem sich charakteristisch Holztruhen und Weinflaschen türmen. Die Kücheninsel, die parallel zur Wandzeile und zur Fensterfront steht, bildet eine Flucht, die am Ende des Gebäudes in ein weiteres kleines Wohnzimmer führt. Ein kleines Sofa ist der Mittelpunkt des offenen Raums, ein Regal mit Kinderbüchern bringt Farbe ins dezent gehaltene Innenarchitekturkonzept. «Hier haben unsere Kinder einen Ort, wo sie entspannen können», erzählt der Bauherr. «Diese Etage wird sowohl den Eltern als auch den Kindern gerecht. Jedes Familienmitglied erfährt hier die nötige Privatsphäre, und trotzdem kann die gemeinsame Zeit zelebriert werden», erklärt der Architekt Dario Franchini. Ein Gästebad ergänzt die Räume im Erdgeschoss. Das Bad–ganz in Schwarz gehalten–umfasst ein WC, einen Waschtisch mit Lavabo und einen hinterleuchteten runden Spiegel.
Geschwungene Elemente in kubischem Raum
Die Wände im Pyramid House sind aus gestrichenen Gipskartonplatten. Die Farbe erinnert an hellen Sand und hat eine entspannende Wirkung auf die Familie. Ton in Ton ist die Treppe gehalten, die in geschwungenem Bogen in die obere Etage führt. Der Handlauf der Treppe mündet direkt in ein offenes


Büro im ersten Obergeschoss. Ähnlich wie auf einer Galerie befindet sich hier ein eingebauter Schreibtisch, der Platz für Computer und Drucker bietet. Der Sichtbetonboden zieht sich ebenso auf dieser Etage wie ein roter Faden durch die Räume, während die Wände und die Decke in gebrochenem Weiss gestrichen sind. Auf diesem Geschoss liegt ein grosses Kinderzimmer. Zwei Betten mit rosafarbener Bettwäsche, Stofftieren, Bauklötzen und Puppen verraten, dass hier das Reich von Mae und Naëlle ist. «Im Moment teilen sie sich ein Zimmer. Doch es besteht die Möglichkeit, eine Wand zu ziehen und aus dem Raum zwei Kinderzimmer zu machen», sagt der Bauherr.
Der schmale Flur führt an der Waschküche vorbei. «Das Haus ist nicht unterkellert. Deshalb haben wir alle wichtigen Räume auf der 270 Quadratmeter grossen Wohnfläche geplant. Der Vorratsraum befindet sich angrenzend an die Küche, die Waschküche hingegen ist im ersten Obergeschoss situiert», erklärt Dario Franchini. Am Ende des Flurs liegt das Masterbad mit frei stehender Badewanne und separater Dusche. Das auf dem schwarzen Waschtisch aufgesetzte Lavabo nimmt das Design des WCs und der Badewanne wieder auf und schafft ein stimmiges Gesamtbild. Das Masterschlafzimmer beeindruckt durch geschwungene Wände, die dem sonst kubischen Haus trotzen. Ein begehbarer Schrank, in dem sich hinter verdunkelten Glasscheiben die Kleider verstauen lassen, führt ins Elternschlafzimmer, das mit Minimalismus besticht. Ein in Naturtönen gehaltenes Bett und eine dezente Lampe bilden das Interieur des Raums. Durch die grossen Fenster in jedem Raum kann der heimelige Garten überblickt werden.

Unter den Weinreben
Der Garten ist eines der Highlights im Einfamilienhaus der vierköpfigen Familie. Es scheint, als würde das L-förmige Gebäude die Natur umarmen und einen Rückzugsort im Freien schaffen. Eine grosse Wiese ermöglicht Spiel und Spass, während ein rechteckiger Pool im Sommer für Abkühlung sorgt. «Die Bauherrschaft hatte den Wunsch, dass der Innenwohnraum aussen direkt weitergeht. Durch die grosse Glasfront war das möglich. Der Garten gehört ganz zum Lebensraum der Familie», sagt der Architekt. In Anlehnung an die Weinreben, die einst auf dem Grundstück wuchsen, und weil die Bauherrschaft gern Gäste empfängt, sollte das Haus eine Pergola haben. Entstanden ist eine überdachte Terrasse, die einer kleinen Grotte ähnelt und auf der ein grosser Tisch und Stühle Platz finden. Die Stahlbetonkonstruktion der Aussenfassade zieht sich vom Giebel des Daches über die Pergola bis fast zum Boden. Die Holzstruktur des Daches wurde mit einem metallisch gefärbten Zinküberzug beschichtet und erscheint nun graublau.
TECHNISCHE ANGABEN
[ ARCHITEKTUR ]
DF DC Architects, df-dc.co.uk
[ KONSTRUKTION ]
Stahlbeton, Holz
[ RAUMANGEBOT ]
Bruttogeschossfläche: 387 m2 | Anzahl Zimmer: 6,5
[ AUSBAU ]
Bodenbeläge: Sichtbeton|Wandbeläge:
Gipskartonplatten gestrichen
[ TECHNIK ]
Luft-Wasser-Wärmepumpe