«Licht wirkt auf unseren Verstand, Geist und Körper»

Haben Sie sich schon Gedanken über die Beleuchtung im Haus gemacht? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit. Experte Sven Martin erklärt im Interview, warum ein Lichtkonzept sinnvoll ist und welche Fehler Sie vermeiden sollten.

«Licht wirkt auf unseren Verstand, Geist und Körper»
Während die Deckenspots die Grundbeleuchtung darstellen, unterstützen die Pendelleuchten und Stehleuchten die Zonierung des offen konzipierten Raums in einen Wohn-, Koch- und Essbereich.
Interview Donika Gjeloshi | Fotos Tic Beleuchtungen AG
Haben Sie sich schon Gedanken über die Beleuchtung im Haus gemacht? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit. Experte Sven Martin erklärt im Interview, warum ein Lichtkonzept sinnvoll ist und welche Fehler Sie vermeiden sollten.
Sven Martin, ist das Lichtkonzept ein Bestandteil der Arbeit des Architekten, oder muss die Bauherrschaft dies-bezüglich Wünsche äussern?
Das ist vom Architekten sowie vom Bauprojekt abhängig. Allgemein ist die Beleuchtung ein Thema, das den Architekten beschäftigt. Doch wenn man als Bauherr für das Eigenheim mehr als den normalen Standard erwartet, sollte man das frühzeitig ansprechen.Licht brauchen wir, um uns nachts orientieren zu können. Inwiefern trägt Licht auch zu unserem Wohlbefinden bei?
Licht wirkt auf unseren Verstand, unseren Geist und unseren Körper. Überall, wo wir hinkommen, ist Licht, deshalb wird es als selbstverständlich angesehen und oft in der Wirkung unterschätzt. Das ist sehr schade, denn Licht zählt definitiv zu den grössten Erfahrungen für unsere Sinne. Und diese haben bekanntlich einen sehr grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden.

Was sollte bei einer Lichtplanung berücksichtigt werden?
Bei der Planung sollte man drei Einsatzbereiche unterscheiden: die Grundbeleuchtung, die Zonenbeleuchtung sowie die dekorative Beleuchtung. Bei der Grundbeleuchtung geht es um die homogene Ausleuchtung des Raums. Diese erfolgt meist durch Deckeneinbauleuchten oder Schienensysteme. Bei der Zonenbeleuchtung sollte man sich über die Teile des Raums Gedanken machen, die in einzelnen Momenten genutzt werden, beispielsweise das Licht zum Essen, zum Lesen oder zum Arbeiten. Schliesslich noch das dekorative Licht, das zum Beispiel mit LED-Bändern erzielt werden kann. Dabei geht es primär darum, einzelne Bereiche oder Objekte in Szene zu setzen.

«Das Lichtkonzept sollte bereits in der Planungsphase einbezogen werden.»
Sven Martin, Mitglied der Geschäftsleitung Tic Beleuchtungen AG

In welcher Form wird direktes und indirektes Licht eingesetzt?
Bei der Grundbeleuchtung wird praktisch immer mit direktem Licht gearbeitet. Dieses dient in erster Linie der Helligkeit. Der angestrahlte Bereich soll beleuchtet und somit erhellt werden. Die indirekte Beleuchtung ist zurückhaltend und dient der Hintergrundbeleuchtung oder als Stimmungslicht.

Welche Lichtfarbe eignet sich für welche Zone?
In unseren Breitengraden setzen wir eher auf warmes Licht. Wir wollen entspannen und eine gemütliche Zeit in unseren eigenen vier Wänden verbringen. Warmes Stimmungslicht passt da sicherlich besser. Würde man aber Personen in südlichen Ländern befragen, in denen es lange, heisse Tage gibt, lautete die Antwort vermutlich anders. Dort geht es darum, mit kaltem Licht die Wahrnehmung zu beeinflussen und so die Hitze, zumindest über die Psyche, zu reduzieren. Achten Sie beim nächsten Urlaub in Italien oder Spanien einmal auf das Licht. Aber auch bei uns muss in manchen Bereichen auf verschiedene Lichtfarben zurückgegriffen werden. Ein Beispiel dafür ist das Badezimmer. Wenn man am Morgen motiviert in den Tag starten möchte – Zähneputzen, Duschen und Schminken –, benötigt man helles Licht, vorzugsweise Licht, das dem Tageslicht ähnelt. Möchte man aber einen anstrengenden Tag mit einem gemütlichen Schaumbad ausklingen lassen, klappt das mit warmem Licht besser. Somit benötigt man im Badezimmer also verschiedene Lichtquellen mit unterschiedlichen Lichtfarben.

Welchen Einfluss haben die Materialien von Wänden, Böden und Fenstern auf das Lichtkonzept?
Diese Frage muss man sich zusätzlich auch umgekehrt stellen. Welchen Einfluss hat das Licht auf Wände, Böden, Möbel und andere Einrichtungsgegenstände? Es ist wichtig, beide Seiten zu betrachten. Wenn wir beispielsweise mit dunklen Farben arbeiten, hat das einen starken Einfluss auf die Lichtreflexion und somit auch auf die Wahrnehmung der Lichtmenge. Wenn wir ein Bild mit zu warmer Lichtfarbe beleuchten, werden die Farben verfälscht. Ein wenig Vorausplanung muss also sein. Konzentrieren Sie sich dabei auf ein paar grundlegende Punkte. Sehen Sie sich zuerst die Grösse und die Proportionen des Raums an, den es zu beleuchten gilt. Überlegen Sie, wie der Raum genutzt werden soll und welche Stimmung geschaffen werden soll. Dann machen Sie sich Gedanken über die Einrichtung und in welchen Farben und in welcher Stilrichtung diese gehalten werden soll. Nach diesen Überlegungen kommen die Details an die Reihe, auf die Raum für Raum eingegangen wird. Das können beispielsweise architektonische Elemente sein oder Dekorstücke, wie zum Beispiel eine Skulptur oder ein Bild. Es ist also ausgesprochen entscheidend, mit welchen Materialien in einem Raum gearbeitet wird, denn das wirkt sich sehr stark auf das Konzept der Beleuchtung aus.

Wo geht Licht oft vergessen, obwohl es einen besonders guten Effekt hätte?
Viele Bauherren haben Mühe damit, sich bereits in der Planung des Bauvorhabens mit der Inneneinrichtung zu beschäftigen. Oft werden Möbel oder andere Gegenstände erst nach Abschluss des Baus definiert und platziert. Dadurch wird beispielsweise die optimale Beleuchtung eines Objekts im Wohnzimmer oft erschwert oder sogar verunmöglicht. Das ist besonders bei Dekorstücken sehr schade. Aber auch vereinzelte Lichteffekt durch Wandleuchten können eine wunderbare Stimmung hervorbringen. Oft werden jedoch die dafür notwendigen Wandanschlüsse schlicht nicht berücksichtigt. So gibt es immer wieder Bereiche, in denen Licht einen besonders guten Effekt hätte.

Wann ist also der richtige Zeitpunkt für die Planung des Lichtkonzepts?
Das natürliche Licht spielt in der Architektur bereits in der Planung eine zentrale Rolle. Dementsprechend sollte auch in der Innenarchitektur das künstliche Licht in die Planungsphase einbezogen werden. Der Einfluss von Licht ist enorm. Licht kann sogar die Proportionen eines Raums beeinflussen und ihn flexibel machen: So verwandelt sich eine Küche, die gerade noch ein heller und zweckmässiger Arbeitsraum war, innert Sekunden in eine stimmungsvolle Erweiterung des Wohnraums.

Welche Fehler sollte man vermeiden?
Wenn wir Pläne erhalten, sehen wir sehr schnell, ob sich bereits jemand mit dem Thema Licht auseinandergesetzt hat oder nicht. Oft sehen wir, dass mit einem Kabelauslass in der Raummitte geplant wird oder genau das andere Extrem, dass ein Raster voller Einbauspots gesetzt wird. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Anstatt überall Einbauleuchten zu platzieren, reicht es vielleicht schon, einzelne Spots wandnah zu setzen und so durch die Reflexion der Wand Licht in den Raum zu erhalten. Indem Sie sich den Raum schon früh vorstellen, sich Gedanken über die Einrichtung machen und darüber, was Sie besonders hervorheben möchten, können viele Fehler vermieden werden. Zudem lohnt es sich, beim Thema Licht auch etwas offensiver vorzugehen. Wir hören oft die Aussage von Bauherren, dass die Beleuchtung bereits vorgegeben sei und nicht mehr geändert werden könne. Das ist aber normalerweise nicht der Fall. Vielleicht ist die Änderung mit einem kleinen finanziellen Aufwand verbunden, es kann aber noch viel geändert werden. Lassen Sie sich also nicht verunsichern.

Mit welchem Budget sollte die Bauherrschaft für die Lichtplanung rechnen?
Ein Beleuchtungsvorschlag für ein Einfamilienhaus kann in Form einer groben Planung kostenlos erbracht werden. Je nach Aufwand und Grösse des Projekts belaufen sich die Kosten auf mehrere Hundert Franken. Eine detaillierte Lichtplanung mit Lichtberechnung und Visualisierung zahlt sich jedoch aus, da bereits vor der Realisierung unnötige Baukosten vermieden werden können. Durch die Visualisierungen bekommt die Bauherrschaft einen Eindruck von den Lichtwirkungen in den Räumen. Das ist dann die Gelegenheit, um Änderungen ohne grossen Aufwand vorzunehmen. Zudem kann eine rechtzeitige Planung in Bezug auf Energieeffizienz sinnvoll sein, indem man beispielsweise unnötige Lichtspots vermeidet und die optimale Technik wählt.

Was sind die Trends hinsichtlich Technik?
Die LED-Technik hat den Beleuchtungsmarkt grundsätzlich verändert. Doch im Gegensatz zu den ersten Jahren, in denen es darum ging, die LED mit ihren minimalistischen Abmessungen in die Designsprache der Lampen einfliessen zu lassen, geht es heute darum, mit dieser vielfältigen Technik die Architektur zu unterstützen und dabei möglichst viele Optionen hinsichtlich einer flexiblen Lichtsteuerung bereitzuhalten. Themen wie Steuerungstechnik sowie Lichtqualität stehen dabei im Fokus.

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Sven Martin, Mitglied der Geschäftsleitung.Tic Beleuchtungen AG tic-light.ch
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