Mit klarer Handschrift
Die Reduktion der Materialien ist zentrales Gestaltungsmittel dieses Neubaus und gleichzeitig das Markenzeichen der verantwortlichen Architekten. Ihr Ziel ist dabei stets, Räume zu erschaffen, die die Bauherren beleben können.

Kompakte Eigenständigkeit
Das Haus ist in Hanglage in ein abfallendes Terrain eingearbeitet. Von der Strasse her nimmt man einen vorgelagerten Gebäudeteil wahr, in dem sich die Doppelgarage, die Haustechnik sowie der von Blicken geschützte Hauptaufgang befindet. Der Zugang von der Strasse zum Erdgeschoss des Hauses erfolgt über eine abgeschlossene Aussentreppe, die zur vorgelagerten Terrasse führt. Dort offenbart sich dem Besucher ein sich über der Garage erstreckender acht Meter langer, rechteckiger Pool. Dem Schnitt- und Terrainverlauf des Geländes folgend, ist der Swimmingpool in der Terrasse eingelassen. Gestützt wird er von den Umfassungswänden aus Sichtbeton. Schmale Ausstanzungen in der strassenseitigen Fassade erlauben den Hausbesitzern auch während des Badens, die Aussicht auf die Umgebung zu geniessen.
Es ist jener Ort, wo der Aussenbereich des Grundstücks in die Innenräume des Einfamilienhauses übergeht. Zur Terrasse hin liegen ebenerdig und direkt verbunden der Hauseingang, die Küche und das Esszimmer. Mit seinen sich über 3,20 Meter erstreckenden hohen Räumen imponiert das Erdgeschoss den Eintretenden. «Ein hohes Esszimmer war expliziter Wunsch der Bauherren», wie Mark Aurel Wyss betont. Der offen konzipierte Ess- und Küchenbereich wird durch einen dahinterliegenden, angehobenen Wohnteil abgeschlossen. Von der Cheminée- und Sofaecke aus erschliesst sich zur Hangseite hin das Büro, das die Hausherrschaften auch als Gästezimmer nutzen. Als Abgrenzung zwischen Küche und Wohnen fungiert der zentral angeordnete Treppenaufgang ins Obergeschoss, wo die Familie ihren Rückzugsort mit den Schlafzimmern und dem privaten Bad eingerichtet hat.
Reduktion als Leitsatz
Als Kubus konzipiert und stützenfrei überspannt, erstreckt sich das Sichtbetonhaus auf einem Grundriss von knapp 11 × 11 Meter. Pro Geschoss stützen die senkrecht zum Hang stehenden Aussenwände jeweils drei Träger, die im 90-Grad-Winkel zu den Wänden verlaufen und so die Wohn- und Schlafräume quer überspannen. Die Schichtung der einfachen Bauteile bestimmt die Abfolge der Räume und betont deren Öffnung zueinander. Besonders deutlich wird das, wenn man in der Küche steht und zur Hangseite blickt. Betonträger und das angehobene Bodenniveau rahmen den Wohnraum wie ein Bild ein. Hang- wie auch talseitig sorgen zwei jeweils über die gesamte Gebäudebreite verlaufende Glasfronten für ausreichend Licht. Die Abfolge der Räume beeinflusst zudem den Verlauf des Tageslichts im Haus. Zudem steht das integrierte Beleuchtungskonzept in direkter Abhängigkeit zum Tageslicht. Die in den Decken eingelassenen, vertikal angeordneten, weitgehend dimmbaren Leuchten erhellen die Treppe und geben den Zimmern ein überwiegend blendfreies Licht und unterstützen die Raumfolge. Damit hat die Beleuchtung nicht nur reine Funktion, sondern verleiht Stimmung und setzt auch bewusste Akzente, welche die Innenräume betonen. Durch die durchdachte Materialisierung des Hauses erhalten die Innenräume einen sich stets ändernden Ausdruck, während die roh belassenen Decken und Träger aus Sichtbeton den «Willen zur Reduktion unterstreichen», wie Mark Aurel Wyss sagt. «Reduktion als Gestaltungsmittel ist eine Konstante in unseren Entwürfen», fährt der Architekt fort. So wurde die Vielfalt an Materialien auf ein Minimum beschränkt. Denn der Architekt ist überzeugt, dass der pragmatische Einsatz von unterschiedlichen Materialien Vertrauen schafft: «Wir achten darauf, die verwendeten Materialien echt und glaubwürdig anzuwenden.» Deshalb wurden der Sichtbeton, die Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Holz bei den Fenstern, das Garagentor und der Eingangsbereich roh belassen. «Durch ihre Beschaffenheit entwickeln beide Materialien mit der Zeit eine materialeigene Patina», sagt Mark Aurel Wyss. Das Architekturbüro hat alle Fixeinbauten wie die Küche, das Bad und den Stauraum im Haus für die Bauherrschaft entworfen.
Räume leben
Auch wenn das Gebäude von einer gewissen Nüchternheit dominiert wird, darf seine Variabilität nicht unterschätzt werden. Da sich die tragende Struktur auf die Aussenwände und die Treppenwand beschränkt, ist das Haus selbst als hohles Gefäss zu interpretieren. Der Architekt erklärt: «Es kann variabel gehandhabt und beliebig angepasst werden.» Mit dem momentanen Verzicht auf ein Dachgeschoss besteht künftig die Möglichkeit, das Gebäude aufzustocken. Auch technisch beschränkt sich das Einfamilienhaus auf das Notwendigste. Da die Parzelle Teil eines Gestaltungsplans war, der einen Minergie-Standard vorgab, und sich das Grundstück in einer ruhigen Gegend befindet, haben die Bauexperten auf eine kontrollierte Lüftung verzichtet. «Der geforderte Minergie-Standard haben wir mit einer minimalen Erhöhung der Wärmedämmung nachgewiesen», erklärt Mark Aurel Wyss.
Mit grosser Freude blickt der Architekt auf die zweijährige Planungs- und Bauzeit zurück. «Es ist schön zu sehen, wie der gemeinsame Weg von der Skizze zum Bau nun durch meine Bekannten zu einem Zuhause wird», sagt er. Denn seine Aufgabe als Fachmann bestand darin, eine Ausgangslage für das Beleben der Räume zu schaffen, die Hausbesitzer setzen das mit dem Bewohnen der eigenen vier Wände nun um.
TECHNISCHE ANGABEN



[ ARCHITEKTUR ]
Rossetti + Wyss Architekten | rossetti-wyss.ch
[ KONSTRUKTION ]
Massivbau | Flachdach | Fassade: Sichtbeton
[ Ausbau ]
Boden: Fliessestrich versiegelt, Parkett | Wandbeläge: Sichtbeton, Fliessestrich versiegelt | Fenster: Pfosten-Riegel-Konstruktion in Holz
[ Technik ]
Standard: Minergie gleichwertig | Erdsonden-Wärmepumpe | Fussbodenheizung | Entlüftung













