Anleitung zum Wohnen im Glück
Aufräumen ist Training: Übung macht den Meister. In Gesellschaft kann Ausmisten sogar Spass machen. Die wichtigsten Schritte zu einem aufgeräumten Zuhause und einem aufgeräumten Geist erklärt Ordnungsberaterin Karine Paulon anhand der KonMari-Methode – dabei geht Qualität vor Quantität.

Die Verpflichtung zum Aufräumen
Aufräumen kann man immer später. Ein erster Schritt für Ordnung und Zufriedenheit im Eigenheim ist getan, wenn man sich selbst in die Pflicht nimmt. Aufräumen darf ein gleichberechtigter Termin in der Agenda sein, wie der Besuch beim Arzt oder das Treffen mit Freunden. So wird Ausmisten zu einer Verabredung, die man nicht leichtfertig absagt. Ebenso kann es hilfreich sein, Ordnung zu schaffen nicht als Pflicht, sondern als Beginn für einen Lebensabschnitt mit mehr Raum, mehr Luft und innerer Zufriedenheit zu sehen. Zudem soll, wenn möglich, die gesamte Familie in den Aufräumprozess integriert sein. «Wenn man Ausmisten zelebriert, ist auch der Spassfaktor garantiert», sagt Paulon. Wer in einem Rutsch Ordnung macht, desto sichtbarer wird der Unterschied zwischen dem Vor- und dem Nachher. «Man beginnt beim halben Chaos und geht schrittweise den Weg zu einem aufgeräumten Zuhause, das zufrieden macht», so die Aufräumexpertin.
Karine Paulon, Ordnungsberaterin
Gemeinsam anpacken
Wird zusammen mit Kindern aufgeräumt, gilt es, gemäss ihrem Alter sowie ihrer Art und auf spielerische Weise vorzugehen. Das kann in Begleitung von Musik oder mit einem Zeitstoppwettbewerb geschehen. «Zuerst soll man bei sich selbst anfangen», sagt Paulon. Aus Erfahrung weiss sie, dass Eltern – in ihrem Sein und Wirken – von den Kindern als Vorbild wahrgenommen werden. «Aufräumen hat eine ansteckende Wirkung», sagt sie bestimmt. Klar ist, bei Kindern unter zwei Jahren stehen die Eltern in der Aufräumverantwortung. Die Kinder schrittweise an das Ordnungmachen heranzuführen, soll dennoch früh beginnen. Auch eine bestimmte Reihenfolge – zuerst das Bett machen, dann die Kleider in die Wäsche geben und als Nächstes die Spielsachen wegräumen – kann beim Lernprozess helfen. Wichtig dabei ist, genügend Zeit einzuplanen. Also nicht erst drei Minuten vor dem Verlassen des Hauses die Kinder zum Wegräumen der Spielsachen auffordern, sondern bereits 15 oder 30 Minuten vorher damit beginnen. Mit dem Heranwachsen der Kinder ändern sich natürlich Kleider, Gegenstände und Hobbys. Aber über jeden Lebensabschnitt hinweg schaut man mit der KonMari-Methode bewusst, dass sich nicht zu viel Sinn- und Inhaltloses ansammelt.
Der ideale Lebensstil
Wie sieht das ideale Leben – abgesehen vom Aufräumen – für Sie aus? Diese Hausaufgabe gibt Paulon ihren Kunden, bevor sie diese zum ersten Mal zu Hause besucht. Die Frage dahinter bezieht sich darauf, was man mit dem neu geschaffenen Freiraum machen möchte: Vom neuen Hobby über den neuen Job bis zum Lernen einer neuen Sprache – die Möglichkeiten sind vielfältig. Diese Wünsche werden am besten auf einem Poster oder in einem schönen Notizheft festgehalten und sollen während des Ausmistens immer mal wieder durchgelesen werden. «Das ist der Kompass, dort will man hin, das ist das Ziel nach dem Aufräumen», sagt Paulon.
Das Verweigern des Wegwerfens beenden
Dinge, die man ausgemistet hat, gehören weder in den Estrich noch in den Keller, sondern sollen entsorgt, verschenkt oder verkauft werden. Gerade die Art und Weise des Entsorgens macht glücklich. Paulon beispielsweise hat sich vor wenigen Jahren von ihren Bastelutensilien getrennt, indem sie diese einem Kindergarten vererbt hat: «So bekommt das Entsorgen eine positive Note.» Auch hilft beim Entsorgen ein Abschiedsritual. Man soll sich überlegen, wofür der Gegenstand gut war, welche Dienste er einem erwiesen hat, und schliesslich Danke sagen. Alles, was man behält, bekommt einen bestimmten Platz. Das ist besonders wichtig, wenn man als Familie zusammenlebt. So weiss jeder, wo die Dinge sind, man sucht weniger, meist gelangen sie auch einfacher wieder an den richtigen Platz zurück.
Ordnung nach Kategorie, nicht nach Standort
Genau in diesem Punkt unterscheidet sich die KonMari-Methode von anderen Aufräumratgebern. Die Gegenstände einer Kategorie, zum Beispiel die Kleider, werden aus dem Kleiderschrank, aus der Garderobe, aus dem Estrich und dem Keller zusammengesucht und auf einen Haufen geworfen. «Es kann allerdings ziemlich schockierend sein, zu sehen, wie viel Besitz sich über Jahre hinweg angesammelt hat», sagt Paulon. Zugleich aber ist dieser Berg an Gegenständen der Beginn des Aussortierens und damit auch der Start in einen neuen Lebensabschnitt.
Die richtige Reihenfolge
Kleider, Bücher, Papier und Administration, Alltagsgegenstände wie Küchenutensilien, Esswaren, Hygieneartikel oder Elektronik und schliesslich sentimentale Gegenstände: Mit dieser Reihenfolge soll der Sinn fürs Aufräumen über den gesamten Prozess hinweg geschärft werden. Deshalb kommen Gegenstände mit Erinnerungswert erst am Schluss an die Reihe.
Die Frage nach der Freude
Dass man über das Verfahren hinweg zu radikal wird, schliesslich wertvolle Sachen wegwirft und dies nachher bereut, glaubt Paulon nicht: «Beim Aufräumen geht es um Qualität und nicht um Quantität. Es spielt keine Rolle, wie viel weggeworfen wird, wichtig ist, dass nur das bleibt, was einen glücklich macht.» Deshalb ist die Ordnungsberaterin auch überzeugt, dass man, wenn man den ganzen Haushalt ausgemistet hat, weiss, was glücklich macht. «Ein nicht ersetzbares Fotoalbum werden sie sowieso nicht entsorgen», sagt sie weiter. Bis man bei den sentimentalen Gegenständen angekommen ist, hat man laut KonMari-Methode das Bewusstsein darüber erlangt, was man zum Glück braucht. Laut Paulon reicht es, die japanische Herangehensweise einmal im Leben anzuwenden. «In der Folge ändert sich das Konsumverhalten wie auch der Umgang mit dem Besitz meist drastisch», sagt sie aus Erfahrung. Denn die gesamte Anwendung dreht sich um Respekt, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit. Zu guter Letzt ist es wichtig, dass alles, was man nach dem Aussortieren behält, einen klar definierten Platz im Haus bekommt.






