Damit Scheiden weniger weh tut

Angesichts der anhaltend tiefen Zinsen sind lang laufende Hypotheken populär. Aber aufgepasst: Eine Scheidung, eine Trennung oder ein anderer Schicksalsschlag kann zur vorzeitigen Auflösung der Hypothek zwingen, verbunden mit hohen Ausstiegskosten. Es lohnt sich, dafür finanziell vorzusorgen.

Damit Scheiden weniger weh tut
Anja Ciglar, Leiterin Niederlassung Brugg, Migros Bank, migrosbank.ch
Text Anja Ciglar
Angesichts der anhaltend tiefen Zinsen sind lang laufende Hypotheken populär. Aber aufgepasst: Eine Scheidung, eine Trennung oder ein anderer Schicksalsschlag kann zur vorzeitigen Auflösung der Hypothek zwingen, verbunden mit hohen Ausstiegskosten. Es lohnt sich, dafür finanziell vorzusorgen.
Wohneigentümer sehen sich mit vielfältigen Risiken konfrontiert. Einige lassen sich absichern – beispielsweise das Zinsänderungsrisiko mit einer lang laufenden Festhypothek oder die Risiken Invalidität, Tod und sogar Arbeitsplatzverlust mit Versicherungen. Allerdings entschädigen Versicherungen kaum je die gesamten Kosten. Daher empfiehlt sich zusätzlich die Bildung einer «eisernen Reserve», um Schicksalsschläge finanziell abzufedern.Das gilt insbesondere im Fall des grössten Risikos für Wohneigentümer, denn dieses lässt sich nicht versichern: das Risiko einer Trennung bzw. Scheidung. Rund 40 Prozent der Ehen werden geschieden. Sehr oft ist das mit einem Verkauf des gemeinsamen Wohneigentums verbunden.

«Die Scheidung ist das gösste Risiko für Wohneigentümer, das sich nicht versichern lässt.»
Anja Ciglar

Rückzahlung des vorbezogenen Pensionskassengelds

Nicht nur die Scheidungsrate ist hoch, sondern auch das Niveau der Immobilienpreise. Angesichts dessen gehen viele Paare beim Erwerb von Wohneigentum an ihre finanziellen Grenzen. Das kann bei der Auflösung der Partnerschaft fatale Folgen haben. So auch bei Susi und Silvan Hausmann (Name geändert), die hälftig ein Einfamilienhaus finanzierten und dafür Geld aus ihren Pensionskassen vorbezogen.

Das erweist sich als Nachteil, als sich das Paar scheiden lässt. Während Susi im Haus wohnen bleiben möchte, um die Kinder in der vertrauten Umgebung aufwachsen zu lassen, zieht Silvan aus. Dadurch gilt die Immobilie in seinem Fall nicht mehr als selbstgenutztes Wohneigentum, und die Voraussetzung für den Vorbezug seines Pensionskassengeldes entfällt. Folglich muss er das Geld der Vorsorgeeinrichtung zurückzahlen. Das mindert seinen finanziellen Spielraum erheblich.

Auch Susi verfügt nach der Scheidung nur über ein schmales Haushaltsbudget, denn als alleinerziehende Mutter ist sie nicht voll berufstätig. Die finanzielle Tragfähigkeit der Hypothek ist dadurch infrage gestellt. Angesichts dessen besteht die Bank weiterhin auf der Solidarhaftung beider Partner. Das heisst, die Bank kann von jedem Partner den ganzen Betrag einfordern. Die Partner müssen dann in einem zweiten Schritt untereinander im Rahmen der Miteigentumsanteile einen finanziellen Ausgleich suchen. Die Solidarhaftung besteht weiter, auch wenn Silvan mittlerweile im Grundbuch als Mitbesitzer des Hauses gelöscht ist. Die Bank ist nämlich nicht verpflichtet, einen Schuldner aus der Solidarhaftung zu entlassen, sofern kein neuer Kreditvertrag unterzeichnet wird.

Solidarschuldner oder Zusatzsicherheiten

Im konkreten Fall wäre die Bank bereit, auf Silvans Solidarschuldnerschaft zu verzichten, falls Susi der Bank Zusatzsicherheiten verpfänden würde, etwa ein Wertschriftendepot oder eine Lebensversicherung. Doch solche finanziellen Mittel fehlen. Stattdessen verhandelt Susi mit der Bank, damit anstelle ihres Exmanns ihre Eltern als Solidarschuldner haften. Allerdings sind die Banken frei, den Kreis der Solidarschuldner zu beschränken, z. B. auf Lebenspartner, Miteigentümer sowie im Grundbuch eingetragene Nutzniesser und Wohnrechtsbegünstigte. Eine Alternative wäre, dass Susi ihre Eltern um ein Darlehen oder einen Erbvorbezug anginge, um die Hypothek auf ein tragbares Niveau zu amortisieren.

«Die Solidarhaftung unter Paaren besteht nach der Scheidung weiter, auch wenn der Partner im Grundbuch als Mitbesitzer des Hauses gelöscht ist.»
Anja Ciglar

Eiserne Reserve bilden

Selbst wenn es Susi gelingt, die Mittel für eine Teilamortisation der Hypothek aufzutreiben: Ihre vier Wände hat sie noch nicht gerettet. Denn sie muss gleichzeitig Silvan für den halben Verkehrswert des Hauses entschädigen, wenn sie es übernehmen will. Aber das Geld fehlt, und so muss die Liegenschaft schliesslich doch verkauft werden. Nun erweist es sich als Nachteil, dass Susi und Silvan zwecks Budgetsicherheit eine lang laufende Hypothek abgeschlossen haben. Die vorzeitige Auflösung verursacht nämlich erhebliche Kosten.

Es hätte sich gelohnt, von Anfang an eine eiserne Reserve für den vorzeitigen Ausstieg aus der Festhypothek zu bilden. Dieser Rat gilt nicht nur bei einer Scheidung. Frühzeitig Überlegungen anstellen sollte man auch für andere einschneidende Ereignisse, welche die finanzielle Tragbarkeit des Wohneigentums einschränken können – wie Stellenwechsel, Jobverlust, Invalidität oder Tod eines Partners. Unsere Kundenbetreuerinnen und -betreuer zeigen Ihnen mögliche Lösungsansätze auf. Eine relativ simple Möglichkeit kann z. B. darin bestehen, dass Sie die Differenz zwischen Ihrem günstigen Hypothekarzins und dem langfristigen Durchschnittssatz von 4,5 Prozent auf die hohe Kante legen. Damit bauen Sie sich über die Jahre ein finanzielles Polster auf.

Tipp: Über die Investitionen unbedingt Buch führen

Wenn ein Paar Wohneigentum erwirbt, schlagen Notariate und Banken in ihren Vertragsentwürfen für die beiden Partner üblicherweise Miteigentumsanteile von je 50 Prozent vor. Wenn das Paar nicht ausdrücklich eine andere Aufteilung wünscht, wird automatisch diese Standardvariante im Grundbuch eingetragen.

In der Praxis sind die finanziellen Lasten selten gleich verteilt. Dennoch ist im Fall einer Scheidung oder im Todesfall der Grundbucheintrag massgeblich. Das kann zu stossenden Ergebnissen fuhren: Hat beispielsweise die Ehefrau das Eigenkapital allein eingebracht, wird ihr Ehemann bei einer üblichen Quote von «fifty-fifty» später zum gleichen Teil an einem allfälligen Gewinn beim Verkaufserlös beteiligt.

Besondere Aufmerksamkeit ist nicht nur den anfänglich eingebrachten Eigenmitteln zu schenken, sondern auch den Beiträgen, die während der Beziehung für Investitionen und Liegenschaftsunterhalt geleistet werden. Hier ist nach Jahren oft nicht mehr klar, wer was wofür beigesteuert hat. Umso wichtiger ist es, über grössere Ausgaben Buch zu führen, damit diese später bei der Scheidung oder im Todesfall mitberücksichtigt werden können. Dabei sollte auch vermerkt werden, woher das Geld stammt – beispielsweise aus dem Einkommen, aus dem Erbe oder aus Mitteln, die in die Ehe eingebracht worden sind.

(Visited 16 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema

up to date mit dem
traumhaus 
Newsletter
Entdecken Sie mit traumhaus Ihr zukünftiges Eigenheim – inspirierende Architektur, moderne Technik und innovative Designkonzepte.
anmelden!
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link