Ein Dreieck ohne Schattenseite

Dieses Familienhaus in Nendeln, Liechtenstein, ist ein ganz Besonderes, denn es hat einen dreieckigen Grundriss. Sie haben richtig gelesen, dem Betonmonolith fehlt die vierte Seite und das aus einem ganz bestimmten Grund.

Ein Dreieck ohne Schattenseite
Text Donika Gjeloshi | Fotos Ritter Schumacher AG
Dieses Familienhaus in Nendeln, Liechtenstein, ist ein ganz Besonderes, denn es hat einen dreieckigen Grundriss. Sie haben richtig gelesen, dem Betonmonolith fehlt die vierte Seite und das aus einem ganz bestimmten Grund.
Den dreieckigen Baukörper vergleicht der Architekt mit einem Schiff. Er beschreibt, wie das Haus einem Schiffsbug gleich den Luftstrom in Richtung Süden durchschneidet. Diese Assoziation zieht sich durch vom Eingangsbereich über die introvertierten Schlafräume bis zur Dachterrasse mit imposantem Weitblick auf das Rheintal. Trotz seiner Masse wirkt der Beton-Monolith leicht. Dies war dem Architekten Jon Ritter ein grosses Anliegen. Die Leichtigkeit ist ihm durch die vielen Öffnungen – die Fenster und den gedeckten, sich über zwei Etagen erstreckenden Aussensitzplatz –, aber auch durch die in den Fensterkonstruktionen versteckten Stahlstützen gelungen.

Offen für neue Ideen

Auf diesem Grundstück in Nendeln stand zuvor ein Haus aus den 70er-Jahren, das bereits einen Umbau erlebt hatte. Weil der Hausbesitzer mit dem Umbau nicht mehr zufrieden war, wandte er sich an das Architekturbüro aus der Region, die Ritter Schumacher AG. Schnell wurde klar, dass ein erneuter Umbau sich nicht lohnen würde. Ausserdem sah der Architekt mehr Potenzial in diesem Grundstück, welches das bestehende Haus nicht auszuschöpfen vermochte. So schlug er dem Bauherrn vor, einen Entwurf für einen Neubau auszuarbeiten. «Wir planen selten Einfamilienhäuser, doch wenn wir es tun, dann muss die Bauherrschaft offen sein, denn man weiss nie, wo die Reise schliesslich hinführt», so der Architekt Jon Ritter. Dass die Architektur dieses Familienhauses so speziell sein würde, hatte Jon Ritter selbst noch nicht geahnt. «Es war nicht so, dass wir einfach Lust hatten, ein dreieckiges Haus zu bauen. Wir haben in der Vorprojektphase diverse Möglichkeiten ausprobiert. Schliesslich haben wir uns auf die Hauptqualität des Grundstücks konzentriert und sind so auf diese spezielle Lösung gekommen.» Diese Hauptqualität ist die Lage mit unmittelbarer Nähe zum Wald und dem besonders schönen Ausblick auf das Rheintal. Aufgrund der Grundstücksituation kam der Architekt auf die Idee, ein Haus mit drei statt vier Ecken zu zeichnen. Dadurch liess er die Schattenseite komplett ausfallen. Die Spitze des Hauses ist nach Süden mit Blick ins Tal ausgerichtet. Auf der Ostseite ist der Wald. So profitieren die Bewohner von frühmorgens bis spätabends von der Sonneneinstrahlung. Als der Architekt den Auftraggebern seinen Entwurf vom Triangelhaus präsentierte, mussten diese zuerst einmal leer schlucken. Nach Aufzeigen des Modells konnte das Paar die Überlegungen des Architekten gut nachvollziehen. Die Bauherren waren nicht nur überzeugt, sondern fanden die Idee ziemlich clever.

Das Dreieck funktioniert

«Es ist spannend, wie man von aussen kaum erkennt, dass das Haus ein Dreieck ist», erzählt Jon Ritter. Tatsächlich erscheint die Seite des Eingangs nicht aussergewöhnlich. Tritt man hinein, so findet man sich zunächst auf dem untersten Stockwerk des Hauses auf Strassenhöhe mit grosszügiger Garderobe wieder. Hier sind ein Party-Raum, eine Toilette, die Waschküche und die Technik untergebracht. «Der Eingangsbereich ist eher dunkel und unspektakulär. Geht man aber die Treppe hoch, erlebt man einen Aha-Effekt», erklärt der Architekt die Inszenierung. Erst hier wird ersichtlich, wie die durch den Aussenraum verlängerten Seiten des Wohnraums in eine Spitze zulaufen. Gewiss kommt die Frage auf, ob die Wohnfläche durch das Dreieck nicht an Platz einbüsst. Mit dieser Frage setzte sich auch der Architekt auseinander. «Dadurch, dass wir die Grundrissfläche grosszügig bemessen haben, die Wohnräume tatsächlich auf einer trapezförmigen Fläche liegen und die Aussenräume die Spitze bilden, hat das Dreieck gut funktioniert», erklärt Jon Ritter.

Gelungene Übergänge

Der Bauherrschaft war es wichtig, dass das Familienleben auch draussen im Garten stattfinden kann. Deshalb sind die Küche und das Wohnzimmer im Erdgeschoss angesiedelt und verschmelzen durch die raumhohen Fenster mit dem Aussenbereich. Die Küchenzeile und das Bücherregal mit integriertem Cheminée bilden eine Trennwand zum Flur, der das Badezimmer und die Kinderzimmer erschliesst. Das Obergeschoss beherbergt das Elternzimmer, ein Badezimmer, ein Fernsehzimmer und die Dachterrasse. Die Ecke im Elternzimmer nutzte der Architekt für die Ankleide aus, sodass das Paar von der Spitze nichts spürt. Speziell hier ist die zur Talseite hin auskragende Fensterbank. Diese Art Erker ermöglicht dem Paar, vom Zimmer aus den schönen Ausblick ins Tal zu geniessen, und lässt die Abendsonne direkt hineinscheinen. Die Dachterrasse war eine Idee der Bauherrschaft, die der Architekt aufnahm und zu Ende dachte. Zunächst macht die Terrasse eine Erweiterung der Zimmer mit Schiebetüren durch die bodentiefe Verglasung nach aussen möglich, um schliesslich mit wenigen Stufentritten auf das Dach zu gelangen. «Wenn man da oben auf dieser Dachterrasse steht und die Spitze des Hauses fassbar wird, fühlt man sich tatsächlich wie auf dem Deck eines riesigen Dampfers. Der Rundumblick ist einfach genial», berichtet Jon Ritter und erklärt weiter, dass diese Spitze, von aussen betrachtet, die Markanteste ist. So viel Beton hätte es hier nicht gebraucht, doch so wird die Massivität betont, und die Proportionen des Volumens wirken harmonischer. Die exzellente Verarbeitung des Sichtbetons lässt die starke Fassade weich erscheinen.

Mit dem Ergebnis sind der Architekt und die Bauherrschaft rundum zufrieden. Die fünfköpfige Familie fühlt sich wohl in den eigenen drei Wänden. Für den Architekten sei das das grösste Lob, denn wenn sich die Bewohner wohlfühlen, weiss er, dass er alles richtig gemacht hat.

«Fühlen sich die Bewohner im Haus wohl, ist das mein grösstes Lob.»
Jon Ritter, Architekt

TECHNISCHE ANGABEN

Ein Dreieck ohne Schattenseite
Untergeschoss
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Obergeschoss
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Erdgeschoss
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Nordfassade
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Südostfassade
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Südwestfassade

[ ARCHITEKTUR ]

Jon Ritter | Ritter Schumacher AG | ritterschumacher.com

[ KONSTRUKTION ]

Massivbau | Flachdach | Fassade: Sichtbeton

[ Raumangebot ]

Nettowohnfläche: 250 m² | Anzahl Zimmer: 7,5

[ Ausbau ]

Boden: dunkles Eichenparkett, fugenloser Belag in Nassräumen | Wandbeläge: Weissputz, fugenloser Belag in Nassräumen | Fenster: Holz-Metall-Fenster, dreifach verglast

[ Technik ]

Fussbodenheizung | Cheminée

Ein Dreieck ohne Schattenseite
Raffiniert sind die Stahlstützen in den Fensterkonstruktionen versteckt. Die Fenster sind eine Spezialanfertigung der Noldi Frommelt Schreinerei AG.
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Wie ein Schiffsdeck ist die Dachterrasse inszeniert. Von hier aus werden die Bewohner mit einem imposanten Weitblick auf das Rheintal belohnt.
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Sowohl die Küche als auch das Bücherregal mit integriertem Cheminée sind Massanfertigungen der Raumin AG in Liechtenstein.
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Die Leuchte «Crown» von JSPR in der Loggia unterstreicht die Verschmelzung von Innen- und Aussenraum. Verschiebbare Glaselemente sorgen auf der Waldseite für Windschutz.
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Untergeschoss
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Nordfassade
Ein Dreieck ohne Schattenseite
Südostfassade
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Südwestfassade
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Erdgeschoss
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Obergeschoss
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